Marco Frei

„Zuverlässigkeit und Kontinuität“

Thomas Girst leitet das Kulturengagement der BMW Group

Rubrik: Über die Schulter
erschienen in: das Orchester 12/2022 , Seite 17

Die deutsche Autoindustrie steht vor gewaltigen Herausforderungen. Ob DieselSkandal, E-Mobilität, Corona-Pandemie oder Ukraine-Krieg: Die Liste der Krisen ist lang. Trotzdem gibt sich Thomas Girst, Leiter des Kulturengagement der BMW Group, gelassen. „Unser Kulturengagement ist unabhängig vom Aktienkurs und wir haben langfristige Verträge mit unseren Partnern. Da sind wir bei der Zuverlässigkeit und Kontinuität: In unserer langen Geschichte sind wir noch nie vertragsbrüchig geworden.“
Auch das zeichne eine Partnerschaft aus. „Dass man Kultur wie auch Unternehmen stets neu denken muss, ist klar. Der Blick ist nach vorne gerichtet und es wird gewiss neue Allianzen geben. Es gibt jedoch ein klares Bekenntnis zur Kultur, in guten wie in schlechten Zeiten.“ Seit 2003 leitet der 1971 in Trier geborene Kulturmanager und Autor das Kulturengagement. In diesem Rahmen hat er zahllose Projekte mitinitiiert.
Es gehe um eine „echte Interaktion, nicht die bloße monetäre Transaktion“, betont Girst für BMW. Man springe eben nicht von Event zu Event, sondern wolle langfristig tätig sein – auch für die Planungssicherheit der Partner. Natürlich fließen Gelder, und es geht auch um das Image und die Sichtbarkeit des fördernden Unternehmens. „Bei der konkreten Ausgestaltung sind uns aber die Langfristigkeit
des Engagements wie auch die Wahrung der kreativen Freiheit unserer Partner und der interkulturelle Aspekt wichtig.“
Dass dies kein Lippenbekenntnis ist, hätten zuletzt die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Programms gezeigt. Ein Rückblick auf das Jahr 1971: Bei Gerhard Richter werden Gemälde in Auftrag gegeben, womit offiziell das Kulturengagement der BMW Group startet. Aus dem Wunsch heraus, den Münchner Norden rund um den BMW-Stammsitz kulturell aufzuwerten, startet man gemeinsam mit
dem Münchner Kulturreferat den Spielmotor e. V.: die älteste Public-Private-Partnership im Kulturbereich in Deutschland. Heute ist der Spielmotor breit aufgestellt, samt dem Theaterfestival Spielart, der Münchener Biennale für neues Musiktheater oder dem Tanz- Festival „Dance“. „Uns ging es von Anfang an um das Facettenreiche und Heterogene der Kultur.“ Zwar wird auch mit großen Musikinstitutionen kooperiert, mit der Bayerischen Staatsoper etwa oder den Londoner Symphonikern und Münchner Philharmonikern. Aber: „Während andere Unternehmen sich damit begnügen, etwa eine Opernproduktion zu fördern, um dort ihre wichtigen Kunden zu platzieren, geht es uns auch darum, die Hemmschwelle vor der Hochkultur zu nehmen und sie zugänglich zu machen.“ So wurde vor über 25 Jahren das Format „Oper für alle“ entwickelt, mit der Bayerischen Staatsoper. Inzwischen besteht es weltweit. „Wir nehmen uns die Freiheit,
auch proaktiv auf Partner in der Musik zuzugehen“, so geschehen bei „Oper für alle“ oder beim 2009 begründeten „BMW Welt Jazz Award“.
Daran soll sich nichts ändern, auch nicht in Krisenzeiten. „In fast 20 Jahren Kultur engagement musste ich niemals darauf eingehen, wie wichtig interkultureller Austausch für den Frieden, wie essenziell Dialog auch über Musik und Kunst und Literatur für die Verständigung zwischen den Ländern ist. Kultur ist immer grenzenlos, sie kann niemals auf Nationen reduziert werden, sie ist immer Austausch und eben nicht Monokultur. Wenn wir seitens BMW in der Lage sind, eben dies auch weiterhin zu ermöglichen, dann erfüllt ‚Corporate Citizenship‘ eine essenzielle Aufgabe.“