Frauke Adrians (Hg.)

Zukunft(s)orchester

Perspektiven für Musikerausbildung und Orchesterpraxis

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott Music
erschienen in: das Orchester 02/2023 , Seite 62

Die Frage nach der Zukunft von Orchestern oder der „Zukunftsor­chester“ ist keine neue. Spätestens seit der Wende-Zeit, und das ist über 30 Jahre her, steht die Entwicklung der Kulturlandschaft, und damit auch die der Orchester, im Fokus. Dass dabei auch die Ausbildung der Kulturschaffenden einer Reformation bedarf, steht außer Frage. Einen großen Einschnitt brachte der Ausbruch der Coronapandemie, die anstehende neue Aufgaben und Herausforderungen ins Rampenlicht stellte. Es zeigte sich deutlich, dass der Umgang mit Medien und mit Präsentationsanforderungen noch sehr in den Kinderschuhen steckt und Musikbetriebe unzureichend als Wirtschaftsunternehmen wahrgenommen werden.
Sichtweisen, Ideen und Anregungen zu diesen Themen hat Frauke Adrians, Mitglied der Berliner Chefredaktion der Zeitschrift das Orchester, als Herausgeberin zusammengetragen. Zu Wort kommen Teilnehmer:innen aus Hochschule und Praxis genauso wie weitere Expert:innen, Intendant:innen, freischaffende Musiker:innen, Dirigent:innen, Dozent:innen, Musikhistoriker:innen und Akademie-Chef:innen – eine breite Interessengemeinschaft, der die Zukunft der Orchester am Herzen liegt.
Einleitend formuliert Ekkehard Klemm, Professor für Dirigieren und Chefdirigent der Elbland Philharmonie Sachsen, zehn Thesen zu Tradition und Wandel der Orchester. Schon an dieser Stelle wird dem Lesenden klar, dass Diskussionsbedarf besteht. Der folgende historische Rückblick bis ins 16. Jahrhundert zur Entstehung des Orchesters sowie der Neuetablierung des Musikerstands ist wegen vieler Fußnoten und Kursivschriften etwas anstrengend zu lesen, aber sehr aufschlussreich: Reformgedanken gab es zu jeder Zeit, da Kultur nicht losgelöst von gesellschaftlicher Entwicklung existiert und betrachtet werden kann. Daher wird unter anderem in den Beiträgen zu Klangkultur, Studium und Probespiel sowie Projekten von Jugendorchestern und professionellen Orchestern mit Zukunftsorientierung auch die gegenwärtige Situation in der Ukraine beleuchtet und ein Statement für den Frieden gesetzt. Nicht vergessen ist der Blick auf Auswirkungen der Pandemie, die die Kulturszene hart getroffen haben und nicht zuletzt Missstände betonten. Hier zeigte sich einmal mehr, dass die Notwendigkeit besteht, Vorbereitungen zu treffen, Auswahlkriterien und breite Möglichkeiten der Information für angehende Musiker zu schaffen und sich neuen Aspekten zu öffnen. Die Anforderungen werden weiter steigen, an Flexibilität und Qualität. Entwicklung fordert Austausch und Diskussion – das vorliegende Buch bietet eine Grundlage dafür, Antworten zu finden.
Ingrid Ploss