Zimmermann, Olaf / Gabriele Schulz / Stefanie Ernst

Zukunft Kulturwirtschaft

Zwischen Künstlertum und Kreativwirtschaft

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Klartext, Essen 2009
erschienen in: das Orchester 11/2009 , Seite 66

Seit rund 20 Jahren wird die Kultur vor allem vor dem Hintergrund ihrer öffentlichen Finanzierung verstärkt auch unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet. Letztlich ging es aus Sicht der Kultur darum, Hilfsargumente für die Sinnhaftigkeit öffentlicher Investitionen in den Kulturbereich zu liefern. In mehreren Bundesländern entstanden zuletzt Kulturwirtschaftsberichte, die die wirtschaftliche Bedeutung des Kulturbereichs näher beleuchten und der Politik Argumente und Hilfestellungen für ihr Handeln und das Setzen geeigneter Rahmenbedingungen liefern sollen.
Vor diesem Hintergrund ist auch die aktuelle Publikation zu sehen, die versucht, sich des Themas ebenso umfassend wie differenziert anzunehmen. Denn es ist schon etwas verwirrend, wenn in Verlautbarungen des Bundeswirtschaftsministeriums der Kultur- und Kreativwirtschaft eine ebenso große, wenn nicht sogar bedeutendere Rolle wie z.B. der Chemieindustrie eingeräumt wird. Die Autoren versuchen daher zunächst einmal verschiedene Modelle zu beschreiben, um zwischen der „Wertschöpfungskette“ und dem so genannten „Dreisektorenmodell“ die Kulturwirtschaft richtig einzuordnen. Ein Hauptproblem ist die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Erhebungen und Berichte, da es bislang keine einheitlichen Standards hierfür gibt. Je weiter nämlich der Kulturbegriff gefasst wird, desto größer und imposanter sind die wirtschaftlichen Basisdaten. Werden also der Pressemarkt, die Film- und Rundfunkwirtschaft, der Architekturmarkt und die Werbebranche wirtschaftlich erfasst, entstehen große Umsatzvolumina, die nur zu leicht den realistischen Blick auf die wirtschaftliche Situation des Einzelkünstlers oder künstlerischer Kleinstunternehmen versperren.
Dennoch werden unter der Überschrift „Magie der Zahl“ interessante Vergleiche mit zentralen Aussagen ausgewählter Kulturwirtschaftsberichte getätigt und u. a. auch mit den Zahlen der selbstständigen und in der Künstlersozialkasse versicherten Künstler in Beziehung gesetzt. Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, in einem weiteren Kapitel auch „Glanz und Elend der Kulturwirtschaft“ zu hinterfragen. Für den Musikbereich beleuchtet Stefan Piendl, ehemaliger Manager der Tonträgerindustrie und heute im Künstlermanagement tätig, die Lage der Musikwirtschaft. Wer Hintergründe für bestimmte Entwicklungen im Musikgeschäft sucht, wird schnell fündig. Vor allem die Vermarktung von Spitzenkünstlern im Sinn einer perfekt organisierten Wertschöpfungs- und Marketingmaschine wird anschaulich beschrieben.
In einem weiteren Kapitel wird die Frage gestellt, welche Rahmenbedingungen „die Kulturwirtschaft“ für eine optimale Entwicklung braucht. Dabei wird deutlich, welche Bedeutung die Vernetzung öffentlicher Kulturförderung mit bürgerschaftlichem Engagement hat und wie zum Beispiel Museen, Bibliotheken, Theater und Orchester im Bereich der kulturellen Bildung wirken, aber auch Umsätze in anderen Kulturwirtschaftsbereichen, etwa bei örtlichen Verlagen und Druckbetrieben, generieren. Wer im Kulturbetrieb, in der Politik oder in der Verwaltung mit fundiertem Wissen und kulturwirtschaftlichen Zusammenhängen argumentieren muss, wird in diesem Buch reichlich Material finden.
Gerald Mertens