Henri Vieuxtemps

Works for Viola and Piano

Christian Euler (Viola), Paul Rivinius (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Dabringhaus und Grimm, MDG 903 2063-6
erschienen in: das Orchester 09/2018 , Seite 81

Der belgische Violinvirtuose Henri Vieuxtemps (1820-1881) ist ein wichtiger Komponist für das Viola-Repertoire. Am bekanntesten ist seine Elegie f-Moll. In ihrer neuen Einspielung zeigen Christian Euler und Paul Rivinius, dass Vieuxtemps noch andere, sehr hörenswerte Kompositionen für die Viola geschaffen hat: die B-Dur-Sonate, eine weitere, unvollendete Sonate in B-Dur, die Etüde für Viola und Piano und das Capriccio für Viola solo.
Vieuxtemps’ Vorbild war Paganini und wie dieser spielte er auch selbst Viola. Ihr sonorer Klang war besonders geeignet zum Ausdruck von romantischer Melancholie. Dafür ist die Elegie ein besonders typisches Beispiel. Doch Vieuxtemps sah in der Viola ein Instrument mit einem wesentlich vielseitigeren Aus­drucksspektrum.
Die Einspielung von Euler und Rivinius erfreut durch Klarheit, homogene Übereinstimmung zwischen Viola und Klavier, bewusste Artikulation, schattierungsreichen Klang und fein abgestufte Dynamik. Die beiden Duopartner zeigen plastisch den Maestoso-Charakter des Kopfsatzes der B-Dur-Sonate, treffen den sehnsuchtsvollen Ton der Barcarola und die Heiterkeit des Finale. In der Etude brilliert Euler mit ausgefeilter Technik und beweist, dass auch auf der Viola schnelle Läufe klar und deutlich gespielt werden können. In der unvollendeten Sonate erweitert er das Ausdrucksspektrum des Bratschenspiels ins Dramatische und im Scherzo zeigt er, dass auf der Viola auch Esprit geistvoll dargestellt werden kann.
Doch so viel Positives man über diese Einspielung sagen kann, ganz zufrieden stellt sie den Hörer nicht. Christian Euler scheint ein wenig auf Sicherheit zu spielen. Das zeigt sich zum Beispiel in der Bogenführung, die häufig etwas lastend und schwer wirkt. Extremes Piano oder Forte, schwungvolles Anzielen von Höhepunkten, Hinausrufen von Trauer, das Gegenüberstellen von tiefem und hohem Tonbereich, das alles geschieht zwar, aber gebremst. Deshalb wird hier die Elegie nicht zum existenziell berührenden Ausdruck tiefer Trauer.
Dieser Hang zu vermindertem Spielrisiko zeigt sich auch zum Beispiel im bereits erwähnten Scherzo der unvollendeten Sonate. Man könnte dieses Stück durch eine bessere Herausarbeitung der Betonungen, ein geistvolleres Gegenüber von Viola und Klavier viel witziger spielen. Vieuxtemps trat in den Salons auf und musste sein Publikum durch Virtuosität, Esprit und unerwartete Wendungen fesseln. Gewiss, die Situation bei einer CD-Aufnahme entspricht nicht diesem direkten Kontakt zum Publikum, und das hört man dieser Einspielung an.
Aber damit soll auch das Kritisieren beendet werden: Denn die Klangqualität dieser Aufnahme durch MDG ist wie gewohnt hervorragend. Die Viola wirkt natürlich, die tiefe Region ist voll und warm, und die Höhen sind klar und deutlich. Auf jeden Fall ist diese Einspielung eine wertvolle Bereicherung einer jeden Diskothek.
Franzpeter Messmer

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