Madsen, Trygve
Works for Horn
Er schrieb eine Stachelschwein-Polka und einen Rhinozeros-Traum und ist höchst produktiv: Trygve Madsen gehört mit 72 Jahren zu meinen Altersgenossen und wuchs wenn auch in Norwegen wie ich mit aller Musik auf, die nach 1945 unser (Er-)Leben bestimmte: Bach-Begeisterung mit Karl Richter oder Wilhelm Mengelberg, Mozart- und Beethoven-Freude mit Karajan, Neue Musik aus Donaueschingen und Darmstadt, Jazz aus den USA mit Oscar Peterson, Benny Goodman & Co, also Aufbruch aus dem Kriegsdunkel ins Friedenslicht mit Öffnung der Sinne in alle Himmelsrichtungen.
All das findet sich in den Werken des in seiner Heimat und in Wien profund ausgebildeten Pianisten und Komponisten wieder in einem inzwischen erstaunlich reichen und reichhaltigen uvre. Die Werke mit Hornbeteiligung, die sich der phänomenale Jungstar Christoph Eß, Solohornist in Bamberg, hier ausgesucht hat, spiegeln diesen Aufbruchs-Optimismus wider, der nach Kriegsende das Bestehende neu entdecken ließ und zum allzu gewagten Neuen bewusst Abstand hielt, weshalb alle Werke dieser CD fast simpel klangvoll erscheinen und schlicht Freude machen mit bestrickenden Hornklängen und vielen virtuosen Klavierpassagen. Alles ruht dabei auf solidem klassischen Fundament, wenn etwa der Hornsonaten-Finalsatz mit Schuberts Adagio-Mittelsatz aus der a-Moll-Klaviersonate D 537 beginnt, was dann hornbetörend und klavierbehände variiert wird.
Der schon zitierte kurze Rhinozeros-Traum für Solohorn verführt zum Mitträumen wer kennt auch schon die zitierte norwegische Volksmelodie? Die originelle Trio-Klangmelange beeindruckt mit dem Wohlklang ineinander verschränkter Horn- und Geigen-Melodien über fülligem Klavierfundament, im Mittelsatz mit spontan improvisiert erscheinenden sparsamen Figurationen. Das Hornquintett bezieht aus Mozarts Es-Dur-Parallelwerk KV 407 Zitate, die Madsen in seiner “Metamorphosen-Technik” zur spannenden Weiterentwicklung und -verformung benutzt; der Zuhörer findet sich als Mozart-Freund ebenso bestätigt wie als Madsen-Bewunderer. In einer köstlichen kleinen Jagdmusikszene Madsen hat sie Christoph Eß, mit dem ihn inzwischen eine fruchtbare Freundschaft verbindet, einem weiteren Hornkollegen und einem Streichquartett gewidmet sind erneut Mozart-Zitate versteckt, die zu suchen Spaß macht.
Im abschließenden, schon 1984 entstandenen dreisätzigen Hornkonzert es ist nach Madsens eigenen Worten geprägt von distanzierter Ironie, wie man sie bei Mussorgskij, Prokofjew oder Schostakowitsch findet schwelgt das von melodischem Ebenmaß bestimmte Solohorn in purem Schönklang: Christoph Eß ist in seinem Element!
Diese Fülle eines überbordenden Schaffensdrangs erklärt, dass Madsens Kompositionen nicht nur für stiefmütterlich behandelte Blasinstrumente wie Euphonium oder Tuba inzwischen weltweit zu Pflichtstücken bei Wettbewerben wurden. Es ist innigst zu wünschen, dass solch eingängige und bei aller Neuartigkeit dem Einfach-nur-Schönen verpflichtete Musik neben dem vielen und oft bizarr-eklektisch Modernen ihren Platz in der Musikszene der Gegenwart erobert: also bitte mehr Madsen!
Diether Steppuhn