Steve Martland
Wolf-Gang
Six Mozart opera arias arranged for wind octet (1991), Partitur
Der englische Komponist Steve Martland (1954–2013) hat seine kompositorische Ausbildung in erster Linie in Den Haag bei Louis Andriessen erhalten, dessen politisches Engagement auch das Denken Martlands beeinflusste. Weitere Studien hat er bei Gunther Schuller absolviert. Seine Kompositionen sind stark vom Rhythmus und einer großen Lautstärke geprägt, die er auch den Hörern seiner Tonaufnahmen beim Abhören empfiehlt.
Da er es nicht liebte für großes Orchester zu schreiben, gründete er mit der „Steve Martland Band“ ein eigenes Ensemble, in dem er eine Vorliebe für die Bläser zeigt. Die eigenwillige Besetzung besteht aus elf Instrumenten: Flügelhorn, Trompete, Posaune, drei Saxofone, Violine, E- und Bassgitarre, Schlagzeug und Klavier.
Bläser bestimmen auch die traditionelle Harmoniemusik mit jeweils zwei Oboen, Klarinetten, Hörnern und Fagotten, auf deren Basis Martland einige Bearbeitungen erstellt wie die hier vorliegenden Mozart-Arien, die 1991 entstanden – seine frühesten Arrangements sind.
Man könnte erwarten, dass ein zeitgenössischer Komponist dabei auch eigenes einbringt, aber Martland übernimmt den Mozart’schen Tonsatz tongetreu und erlaubt sich nur instrumentatorische Eigenheiten. So würzt er den traditionellen Oktettklang, indem er in „Là ci darem la mano“ aus Don Giovanni anstelle der 2. Klarinette, die Bassklarinette einsetzt und in „Madamina, il catalogo è questo“ aus derselben Oper, das Sopransaxofon an die Stelle der ersten Klarinette treten lässt.
Nur das Lied des Papageno „Der Vogelfänger bin ich ja“ weist die traditionelle Oktettbesetzung auf, während der Marsch der Priester und „Se a caso madama“ (Die Hochzeit des Figaro) mit Englischhorn, Sopransaxofon und Bassklarinette den gewohnten Klang weiter aufmischen. In der Arie des Figaro „Non più andrai“ behält er die Kombination von Sopransaxofon und Bassklarinette bei.
Auffallend sind insgesamt einige ungewöhnliche Instrumentenkombinationen, die Rolle der Bassklarinette, die durch die Übernahme der originalen zweiten Violine mit ihren Sechzehntel-Spielfiguren einen anspruchsvollen Part bekommt, und das Saxofon, das größtenteils den Part der ersten Violine spielt, aber auch als weich zeichnender Trompeten-Ersatz am Ende von „Non più andrai“ einen unerwarteten Auftritt hat. Eine dankbare Rolle fällt dem Horn in Don Giovannis Arie „Là ci darem la mano“ zu.
Martland respektiert bei der Instrumentation den Periodenbau der Melodik und versucht nicht diesen aufzubrechen. Die veränderte Besetzung bewirkt keine radikale neue Klanglichkeit im Vergleich zur klassischen Harmoniemusik. Somit ist Martlands Wolf-Gang im Grunde eine traditionelle Harmoniemusik mit einem etwas moderneren Farbanstrich, die mit fünfzehn Minuten Gesamtspieldauer einen kurzweiligen Programmpunkt in einem Bläserkammerkonzert darstellen kann.
Heribert Haase