Werke von Peeters, Trachsel, Guilmant und anderen

Winds and Pipes. Music for Symphonic Wind Ensemble and Organ

Daniel Beilschmidt (Orgel), Sächsische Bläserphilharmonie, Ltg. Thomas Clamor

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 16553
erschienen in: das Orchester 02/2017 , Seite 66

Wie so oft führt der erste Blick in die Irre. So macht diese im Mai 2015 im Wurzener Dom nördlich von Leipzig aufgenommene CD erst einmal einen recht bemühten Eindruck: Das Cover kann sich nicht entscheiden, ob es klassisch-konservativ oder packend modern erscheinen soll, und ein Blick in die Trackliste macht auch nicht so richtig Lust aufs Hören. Sicher, es gibt kaum Originalkompositionen für Bläserensembles plus Orgel, aber ob Alexandre Guilmants (1837-1911) Marche-Fantaisie oder Eugène Gigouts (1844-1925) Grand Chœur für Orgel im Arrangement neben den Originalen bestehen können, ganz zu schweigen vom Bach-Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“ aus der Matthäuspassion? Da hat man doch seine Zweifel.
Die Lektüre des Booklets verstärkt diese Skepsis. Da reihen sich etliche Selbstverständlichkeiten aneinander wie diese, dass Musik Raum braucht, dass große Orgeln auch in großen Räumen stehen müssen (ja, wo denn sonst?); es werden Legenden und Halbwahrheiten wieder aufgewärmt, und das auch noch falsch (wie das angebliche Diktat von Bachs Sterbechoral). Nein, wirklich Interessantes oder Erhellendes bietet dieser Text nicht.
Was aber Daniel Beilschmidt an der 1932 erbauten Jehmlich-Orgel (III/P/59 Register) und die Sächsische Bläserphilharmonie unter der Leitung von Thomas Clamor hören lassen, ist fantastisch, nicht zuletzt wohl auch dank der Aufnahmeleitung von Holger Busse. Keine Spur von verwischendem Nachhall (von dem man gerade noch im Booklet las und das die Erwartung auf ein schwammiges Klangbild heraufbeschwor). Ganz im Gegenteil ist das Klangbild wunderbar klar und transparent. Jede dynamische und kontrapunktische Finesse ist sofort präsent.
Schon der Einstieg mit Flor Peeters’ (1903-1986) Entrata Festiva op. 93 (im Original für Orgel, obligate Solo-Bläser und Chor) wischt hier die anfängliche Skepsis mit den ersten Takten beiseite. Sehr gut gefällt das makellose Zusammenspiel von Organist und Blasorchester, far­benreich und virtuos. Das Arrangement ist auf diese Weise dargeboten dem Original mindestens ebenbürtig! Und das gilt auch für die (mehr­chörigen) Sonaten Giovanni Gabrielis (1557-1612), denen das ausbalancierte Zusammenspiel eine wahrhaft sinfonische Dichte verleiht.
Die wirkliche Entdeckung und einzige Originalkomposition für die Besetzung auf dieser CD ist allerdings das Concertino for Organ and Symphonic Band von Thomas Trachsel (geb. 1972). Die Liebe des Schweizers zu Bläserensembles und seine reiche Erfahrung damit hört man sofort. Doch anders als in seinen größeren Sinfonien für Bläserensembles ist sein Concertino aus dem Jahr 2009 gefälliger, ja fast filmmusikalisch, ohne auf die sinfonische Tiefe zu verzichten.
Markus Roschinski