Matthias Almstedt
Wie geht Theater?
Theatermanagement in der Praxis
Wer als Künstler:in in einem Theater tätig ist, als Sänger:in, Schauspieler:in, Musiker:in oder Tänzer:in, der hat hierfür eine in-tensive Ausbildung durchlaufen. Wer als Nicht-Künstler:in in einem Theater tätig ist, der ist häufig in irgendeiner Form Quereinsteiger:in, als Jurist:in oder Betriebswirt:in, stammt aus der allgemeinen Verwaltung oder anderen Berufen. Vollwertige Ausbildungsgänge für Theater- oder Orchestermanagement sind Mangelware. Quereinsteiger:innen müssen sich das theoretische Rüstzeug im Selbststudium mit einschlägiger Fachliteratur erarbeiten.
In diese Rubrik fällt das Buch von Matthias Almstedt, nach verschiedenen Stationen in Theatern und beim Deutschen Bühnenverein derzeit kaufmännischer Direktor des Saarländischen Staatstheaters in Saarbrücken. Sein Buch ist quasi ein Rundumschlag für Aspirant:innen der Theaterverwaltung und speist sich aus seinem Skript in einem Wirtschaftsstudiengang sowie seiner Dissertation zum Controlling.
Nach einem Überblick über die Theaterstrukturen in Deutschland und der Einordnung des Zielsystems öffentlicher Theater werden Rechtsformen, unterschiedliche Leitungsmodelle und organisatorische Aspekte von Theaterbetrieben behandelt. Großen Platz nehmen die Ausführungen zum Marketing ein – ein Bereich, der für die Theater in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden ist. Weitere Kapitel befassen sich mit Fundraising und Sponsoring, den verschiedenen Beschäftigtengruppen am Theater und deren arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen. Ein betriebswirtschaftlicher Schwerpunkt liegt in den Kapiteln zur kaufmännischen Buchführung (versus Kameralistik), zur Kostenrechnung, zum Controlling und zum Einsatz von EDV, heute eher unter dem Kürzel „IT“ geläufig. Hier zeigt sich ein kleines Problem des Buchs: Der Screenshot zum Modul Personalkostenplanung der Firma Mecom gibt die Jahre 1999-2001 an und sieht auch so aus: Oberfläche von Windows 3.0 oder so, jedenfalls wie von vorgestern. Ein Hinweis auf OPAS (Orchestra Planning and Administration System) oder eine Einführung in andere, weiter verbreite IT-Systeme in Theatern und Orchestern wäre wünschenswert gewesen.
Ärgerlich sind kleine inhaltliche Fehler, so beispielsweise auf Seite 14, wo man liest, dass die UNESCO über eine Anerkennung der deutschen Theater- und Orchesterlandschaft als immaterielles Kulturerbe noch nicht entschieden habe und das Verfahren andauere – der Antrag wurde jedoch 2019 zurückgezogen. Oder die fehlerhafte Zuordnung des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin, welches bereits seit Januar 2021 zu 100 Prozent vom Land Mecklenburg-Vorpommern und eben nicht mehr von mehreren Trägern unterhalten wird.
Alle Kapitel enthalten am Ende Übungsaufgaben, die die Möglichkeit geben sollen, Lektüre- und Lernerfolg zu reflektieren. Die Literaturhinweise sind eher überschaubar, einzelne Quellen 15 bis 20 Jahre alt; auch hier wären ein Mehr und höhere Aktualität zu begrüßen. Trotz kleiner Abstriche liefert das Buch einen soliden Überblick über die für das Management eines Theaters wichtigsten Fachgebiete.
Gerald Mertens