Den ÖPNV zur Fahrt in den Opernabend zu nutzen, wäre einer der wichtigsten Beiträge zur ­CO2-Ein­sparung (z. B. mit dem hier abgebildeten Bus des Theaters Kiel)/© Olaf Struck

Gespräch: Sven Scherz-Schade

Wie geht klimaneutrale Kultur?

Auch die Klassik-Szene muss für Nachhaltigkeit sorgen und ihren ­Beitrag leisten

Rubrik: Thema
erschienen in: das Orchester 9/2022 , Seite 09

In der Theorie sind sich alle so gut wie einig: Um die Klimaziele zu erreichen, gilt es, den Energie- und Ressourcenverbrauch zu drosseln. In der Praxis jedoch hapert es gewaltig. Idealerweise verbraucht jeder nur so viel, wie in der Natur nachwachsen kann. Davon sind wir weit entfernt! Auch die Klassikbranche wirtschaftet in diesem Sinne noch lange nicht nachhaltig. Wobei: Fällt ein kleiner Bereich wie die Kultur überhaupt ins Gewicht? Diplom-Biologe Jürgen Sutter schildert im Interview die Herausforderungen des Kulturbereichs auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.

Herr Sutter, lange Zeit war Nachhaltigkeit kein Thema bei den Kulturbetrieben. Allmählich aber wachen alle auf und wollen gerne was tun für die Klimaziele. Nehmen Sie das auch so wahr?
Jürgen Sutter: In der gesamten Gesellschaft sind jetzt viele Leute aufgewacht. Lange hieß es, die Industrie solle was tun oder die Politik. Aber in den vergangenen Jahren ist das Bewusstsein durchgedrungen, dass wir alle einen Beitrag zu erbringen haben. Seit dem trockenen Hitzesommer in Deutschland, aber auch durch die globalen Demonstrationen von „Fridays for Future“ sehen viele Menschen die Herausforderungen besser. Speziell im Kulturbereich nehme ich auch wahr, dass Nachhaltigkeit ein Thema wird. Vor ein paar Jahren waren es eher einzelne Akteure, die vorangeprescht sind. Mittlerweile entfaltet es langsam Breitenwirkung. Es sind noch nicht alle. Aber es werden immer mehr, die sich darüber Gedanken machen.

Sie arbeiten und forschen für das Öko-Institut e. V., dabei geht es hauptsächlich wohl um Beratung. Können Sie skizzieren, was das Institut für welche Auftraggeber macht?
Das Öko-Institut hat rund 200 Mitarbeitende in drei Büros in Darmstadt, Freiburg und Berlin. Wir arbeiten als Umweltforschungsinstitut in der Angewandten Forschung, so nennt man das in Abgrenzung etwa zur Grundlagenforschung. Bezogen auf Klimaschutz würde die Grundlagenforschung beispielsweise erforschen, was der Klimawandel ist und wie er entsteht. Wir in der angewandten Forschung zeigen Lösungen auf und entwickeln Konzepte, wie man den Klimawandel auf allen Ebenen eindämmen kann. Wir machen Forschungsprojekte mit anderen Instituten, auch mit Industrieunternehmen, wo wir die Entwicklung von neuen Technologien begleiten. Aber wir bieten auch Beratung, insbesondere Politikberatung, auf EU-, Bundes- und Landesebene. Wir beraten aber auch Industrieunternehmen, wie sie klimaneutral werden können, bis hin zu Kultureinrichtungen oder Kulturveranstaltern.

Die Kulturveranstalter stehen aber bei Ihnen nicht an erster Stelle. Die rennen Ihnen nicht die Türen ein?
Das nicht, aber wir bemerken immer mehr Anfragen. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen nicht unser langjähriger Schwerpunkt. Es gab immer wieder mal etwas, zum Beispiel haben wir vor einigen Jahren eine CO2-Bilanz und eine Empfehlung für die Internationalen Filmfestspiele Berlin, die Berlinale, gemacht. Aber generell sind Kultureinrichtungen und Nachhaltigkeit ein Thema von vielen…


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