Werke von Richard Wagner, Wolfgang Amadeus Mozart und Richard Strauss

Nikola Hillebrand (Sopran), Nationaltheater-Orchester Mannheim, Ltg. Alexander Soddy

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: Arthaus Musik
erschienen in: das Orchester 04/2021 , Seite 75

Warmherziges E-Dur umschmeichelt uns im Siegfried-Idyll. Das klingt versöhnlich und gutartig, insbesondere in der ursprünglichen Version für Kammerorchester, die Richard Wagner 1870 als Geburtstagsgeschenk für seine Frau Cosima schrieb. Alexander Soddy, GMD des Nationaltheater-Orchesters Mannheim, dirigiert es ohne Taktstock mit weichen, fließenden Handbewegungen, und das Ensemble in kleiner Besetzung musiziert fein aufeinander abgestimmt und wunderbar präzise. Wer das Mannheimer Orchester auf diesem internationalen Spitzenniveau noch nicht kennt, kann die Qualitäten des Klangkörpers in diesem Konzertfilm entdecken. Die Musikalische Akademie hat diese DVD angesichts der coronabedingten Konzertabsagen in der Spielzeit 2019/20 produziert. Deswegen gar nicht zu spielen, kam nicht in Frage, und herauskommen sollte etwas Hochwertiges.
Bestechend für diesen Konzertfilm sind die kleinen Besetzungen, die in der Pandemie ohnehin größeres Interesse finden. Denn weniger Beteiligte auf der Bühne bedeutet weniger Infektionsrisiko. Bedeutet aber in aller Regel auch größere Konzentration und fokusartige Wachsamkeit fürs Wesentliche, das in der Musik stattfindet. Das gilt für das erwähnte Siegfried-Idyll sowie für die beiden Konzertarien Mia speranza adorata und No, no, che non sei capace von Wolfgang Amadeus Mozart. Die deutsche Sopranistin Nikola Hillebrand interpretiert sie meisterhaft, vor allem bestechend klar in den hohen Spitzen und schön geläufig in den dramatischen Passagen. Hillebrand genießt regelrecht das Singen der virtuosen Koloraturen, was die Kameras in diesem Konzertfilm gut einfangen.
Hervorragend durchhörbar ist der kammermusikalische Ton in den Metamorphosen von Richard Strauss für 23 Solostreicher. Hier schwelgt das Ensemble in einem homogenen Klang, den Soddy – hier mit Dirigierstab – anfangs ruhig und in leichter Bewegung und schließlich zunehmend kräftiger und gesättigter gestalten lässt. Dieses ergreifende Alterswerk von Richard Strauss, komponiert in den letzten Kriegsmonaten 1945, ist nicht zuletzt ein versuchter Abgesang, den nationalsozialistischen Terror und was er angerichtet hat hinter sich zu lassen. Das Stück hat aber auch eine allgemeinere Lesart von Werden und Vergehen, die das Publikum in Zeiten von Corona eher anzusprechen vermag als konkrete Widersprüche in Strauss’ Biografie und seinem Verhalten im NS-Terror. Auch musikgeschichtliche Aufarbeitung verläuft eben in Wellen, hat Werden und Vergehen.
Die Kameraführung der im Studio des Rhein-Neckar-Fernsehens aufgenommenen Produktion ist konventionell. Sie holt diejenigen Instrumente ins Bild, die im jeweiligen Moment die Melodieführung innehaben, und wechselt sich mit Total-Aufnahmen ab, die aus leicht erhöhtem Blickwinkel das Ensemble im Überblick zeigen oder aber den GMD. Die Bildregie ist damit zwar wenig innovativ, hat sich aber bewährt und ist hier gut gelungen.
Sven Scherz-Schade