Werke von Carlo Michelangelo Sola, Giovanni Toja, Angelo Bovio und Giuseppe Gariboldi
Musica per flauto e arpa dell'Ottocento Italiano
Claudio Ortensi (Flöte), Anna Pasetti (Harfe)
Wenn die italienische Instrumentalmusik im 19. Jahrhundert auch keinen leichten Stand neben der Oper hatte, so gab es doch, ähnlich wie in Frankreich, private Konzerte im Salotto als dem Wohnzimmer des wohlhabenden und gebildeten Bürgertums. Aus diesem im besten Sinn unterhaltsamen Repertoire stammen die hier eingespielten Stücke für Flöte und Harfe. Dass sie nur ein kleiner Teil dessen sind, was es auf diesem wenig erforschten Gebiet zu entdecken gibt, lässt sich schon bei einer einfachen Suche im Verbundkatalog SBN, dem Catalogo Del Servizio Biblio-tecario Nazionale, feststellen.
Ausgewählt wurden eine Fantasia concertante genannt La Marziale von Carlo Michelangelo Sola (1786-1829), der als Flötenlehrer in Genf und London wirkte; zwei Notturni von Giovanni Toja, von dem man nicht einmal die Lebensdaten weiß, immerhin aber, dass er Gesangs- und Klavierlehrer war; dann zwei Kompositionen von Angelo Bovio (1824-1909), einem Harfenisten im Orchester der Mailänder Scala, beide, ein Divertimento und ein Duetto, sind in Zusammenarbeit mit Flötisten entstanden; La passione op. 8 schließlich von Giuseppe Gariboldi (1833-1905), dem einzigen geläufigen Namen in diesem Kontext, ist sein einziges Werk für Flöte und Harfe, die darin verwendete Melodie ist einer Klavierkomposi-tion von Ernesto A. L. Coop entnommen.
Die Musikauswahl zeichnet sich durch gleichberechtigtes Zusammenspiel aus, für die Harfe gibt es wirkungsvolle Solostellen. Mit dem Duetto von Bovio, das Motive aus Verdis früher Oper Il Corsaro verwendet, ist auch eine Opernfantasie dabei, wie man sie von italienischen Flötenvirtuosen (etwa Emanuele Krakamp oder Giulio Briccialdi) kennt. Die beiden Notturni sind facettenreiche Charakterstücke, wie überhaupt in allen Stücken die Stimmungen wechseln, bevor Melodie oder Virtuoses zu sehr dominieren würden. Inhaltlich also ein vielseitiges und anregendes Programmkonzept, doch ist das Zuhören leider kein reines Vergnügen.
Mitverantwortlich ist eine zu tro-ckene Aufnahmetechnik, die kleinste Ungenauigkeiten hörbar macht. Die Harfe mit nur gelegentlichen Schärfen betrifft das seltener, z.B. am sehr martialischen Anfang der Fan-tasie von Sola, während die Flöte durch die akustischen Bedingungen deutlicher benachteiligt ist. Dazu wirkt ihre Spielweise, trotz schöner Passagen, oft recht gewollt, sei es durch sehr kurz artikulierte Töne, abgerissene Bindungen oder durch zu langsames Vibrato und eine insgesamt zu wenig modulierte Klanggestaltung. Auch im Zusammenspiel fehlt es an der für diese Musik unbedingt notwendigen Emotionalität und Lebendigkeit.
Sich mit italienischer Kammermusik zu beschäftigen, sei es für diese oder andere Besetzungen, dürfte aber trotzdem ein lohnendes Vorhaben sein. Das italienisch-englische Booklet bietet viel Informationen zu den Komponisten und Werken. Die Noten sind mit Ausnahme der beiden Kompositionen von Bovio beim italienischen Verlag Edizioni UT Orpheus erschienen.
Ursula Peek