Robert Schumann / Johannes Brahms / Adolf Mišek

Werke für Kontrabass und Klavier

Ekkehard Beringer (Kontrabass), Tomoko Takahashi (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin
erschienen in: das Orchester 12/2020 , Seite 74

„Eine Kantilene […], die an Schlackenlosigkeit und Tonschönheit der des Cellos in nichts nachsteht,
ihr aber an Markigkeit und Kraft überlegen ist“, so urteilte Wilhelm Furtwängler seinerzeit über den
Kontrabassisten, Komponisten und Hochschullehrer Eduard Madenski (1877-1923). Seine wahre Freude hätte Furtwängler auch an dieser CD-Neuheit gehabt, denn Ekkehard Beringer scheint sich Madenskis Stil zu eigen gemacht zu haben.
Bei wem Beringer studiert hat, ist nicht mehr wichtig nach all diesen bedeutsamen beruflichen Stationen (Mitglied der Münchner Philharmoniker, Solo-Kontrabassist im Leipziger Gewandhausorchester, an der Deutschen Oper Berlin, seit 2003 im Hamburger NDR Elbphilharmonie
Orchester). Beringer unterrichtet selbst an der Musikhochschule Hannover – nach Studien in der Madenski-Nachfolge und damit sicherlich sogar im Geiste Wilhelm Furtwänglers.
Auch Johannes Brahms fühlte sich von dem „männlich ernsten Charakter“ des Cellos seit jeher angezogen – die hier vorliegende Bearbeitung für Kontrabass hätte auch ihm gefallen. Beringer lässt sein Instrument wahrhaftig singen in der Cellosonate op. 38 von Brahms, seiner ersten. Das Fugen-Finale dürfte seitens des Kontrabassisten etwas weniger plakativ gestaltet sein, etwas mehr nur ernst und rational. Doch bereits zu Beginn des Werks entfaltet sich ein schöner, enger Dialog mit der Pianistin Tomoko Takahashi, die des Öfteren unter anderem in Berlin zu hören ist, wo sie an der Hanns-Eisler-Musikhochschule wie auch an der Universität der Künste lehrt. Federnd spielt Tomoko Takahashi, leicht, dabei überaus prägnant – wunderbar besonders: das Allegro von Schumann –, sehr sensibel und anpassungsfähig, gelegentlich ein wenig zu angepasst. Mitunter wirkt der Kontrabass recht dominant gegenüber dem Klavier; hier würde man sich ein wenig mehr pianistische Eigenständigkeit wünschen, weniger Begleitung, die allerdings teilweise der kompositorischen Anlage geschuldet ist.
Sehr reizvoll: das Arrangement der zweisätzigen Sonate für Klavier und Horn von Robert Schumann, hier eben für Kontrabass; Schumann selbst hatte das Cello ab libitum vorgesehen. Zart tasten sich beide Instrumentalisten an den melancholischen ersten Satz heran, um dann attackenartig und virtuos überzeugend in das Allegro überzuleiten.
Adolf Mišek, ein Tscheche und Zeitgenosse von Hindemith, war selbst Kontrabassspieler. Seine 1911 entstandene Sonate op. 6 (das einzige Originalwerk dieser Aufnahme) steht wie die von Brahms in e-Moll. Der „Furiant“ könnte für mein Empfinden etwas weniger wuchtig sein, dennoch besticht der charakterliche Kontrast zwischen donnernden und lyrischen Passagen. Insgesamt prächtig leidenschaftlich spielen die Solisten, erstaunliche (Trug-)Schlüsse bieten sie, und hier gibt es tatsächlich einige atem(be)raubende Momente. Und stets bleiben sie sehr markant und zugleich gesanglich – besonders das verbindet die beiden Interpreten offenbar. Miteinander und mit Wilhelm Furtwängler.
Carola Keßler