Werke von Alexander Tcherepnin, Alexander Zemlinsky, Robert Schumann, Nino Rota u. a.

Werke für Klarinette und Klavier

Ralf Pegelhoff (Klarinette), Tim Ovens (Klavier)

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Erda Music
erschienen in: das Orchester 4/2025 , Seite 76

Diese CD ist eine Hannoveraner Koproduktion: Ralf Pegelhoff war fast 40 Jahre als Klarinettist in Diensten des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover und lange Jahre Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik und Theater, an der auch der Pianist Tim Ovens lehrte, bis er eine Professur in Wien antrat. Ralf Pegelhoff, der u. a. auch bei Hans Deinzer in Hannover studierte, wählte für die 2024 produzierte CD im Konzertleben weniger präsente Werke aus. Den Beginn macht die 1939 entstandene einsätzige Sonate Alexandre Tcherepnins (1899–1977). Mit ihrer impulsiven motorischen Rhythmik ist die stilistische Nähe zu seinen Zeitgenossen Prokofjew und Schostakowitsch nicht zu verkennen. Sie wird unerbittlich scharf akzentuiert, in den kurzen ruhigeren Abschnitten auch im Klang gemäßigt überzeugend interpretiert. Im Kontrast dazu folgen die Fantasien nach Gedichten von Richard Dehmel op. 9 von Alexander Zemlinsky, die er 1898 als Klavierstücke fertiggestellt hat. Aus dem Klavierpart hat James Breed eine Klarinettenstimme exzerpiert. Die Interpreten musizieren diese spätromantischen, auf der Liebesthematik beruhenden „Gedichte ohne Worte“ Dehmels sehr atmosphärisch und lassen die harmonisch verschlungenen Wege bestens zur Geltung kommen.
Mit den drei Romanzen op. 94 von Robert Schumann springt das Duo ein halbes Jahrhundert zurück in die Romantik. Die Romanzen, im Ursprung für Oboe und Klavier gedacht, musiziert das perfekt aufeinander abgestimmte Duo etwas detailverliebt und verhalten. Im zweiten Satz lässt es die geforderte Innigkeit im Ausdruck etwas vermissen.
Fast nahtlos schließt sich im Tonfall die einhundert Jahre später entstandene Sonate in Re des Italieners Nino Rota (1911–1979) an, der hier als Komponist von Kammermusik vorgestellt wird. Dass er als anerkannter Filmkomponist auch absolute Musik zu gestalten weiß, ist in seiner sehr konservativen Sonate von 1945 zu hören, die von melodischen Einfällen mit einfacher rhythmischer Prägung lebt. Sie ist als ausgewogene Duo-Sonate dicht motivisch gestaltet und steigert im letzten Satz den virtuosen Anspruch. Dieser wird im Andante Scherzo des Franzosen Paul Pierné (1874–1952) für den Klarinettisten Ralf Pegelhoff noch intensiviert, der die Auftragskomposition von 1931 für die Abschlussprüfung der Klarinettenklasse des Pariser Konservatoriums mit der nötigen Versiertheit präsentiert.
Michael Garsons (*1945) Jazz-Variations on a Theme of Paganini (1994) sind quasi das Zugabenstück der CD, die mit ihrer Werkauswahl die Breite und Vielseitigkeit des Repertoires klavierbegleiteter Klarinettenmusik in ansprechenden Interpretationen dokumentiert, deren leserunfreundliches Booklet (Schriftgröße/-farbe) jedoch zu einem Punktabzug führt.
Heribert Haase