Kreutz, Gunter

Warum Singen glücklich macht

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Psychosozial-Verlag, Gießen 2014
erschienen in: das Orchester 02/2015 , Seite 69

Gunter Kreutz forscht als Musikwissenschaftler an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg und legt nun eine umfassende Darstellung der wissenschaftlichen Literatur zum gemeinsamen Singen in Chören vor. Dem Autor ist es gelungen, die auf den ersten Blick etwas spröde und sperrig wirkende Materie gut lesbar aufzubereiten und ein informatives, zuweilen sogar unterhaltsames Buch dazu zu verfassen.
Kreutz stellt wiederholt dar, dass beim gemeinsamen Singen persönliche Erfahrungen von SängerInnen einerseits und belastbare, wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse andererseits wohl unterschieden werden müssen. Er referiert hierzu empirische Untersuchungen von verschiedenen renommierten Instituten zu Fragen wie der, ob Singen gesund sei, ob Singen beispielsweise das Wohlbefinden, die Stressresistenz, die kognitive Leistungsfähigkeit, das Selbstwertgefühl oder die soziale Verbundenheit fördere, und er belegt einsehbar, wo jeweils die Grenzen der Untersuchungen bzw. der daraus gewonnenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen liegen. Die von Kreutz referierten Untersuchungen beziehen sich sowohl auf Säuglinge und Kinder als auch auf Erwachsene jeden Alters, auf Kranke und sogar auf Demente und die jeweils damit verbundenen Hoffnungen und Erwartungen, die an das gemeinsame Singen geknüpft werden.
Zusammenfassend lernt man aus dieser Veröffentlichung unter anderem, dass gemeinsames Singen in Gruppen oder Chören auf jeden Fall emotional bereichernd, physisch und psychisch stärkend und erhebend
erlebt wird, dass hierfür aber nur in begrenztem Maß belastbare und objektive Beweise im wissenschaftlichen Sinn erbracht werden können.
Kreutz belässt es nicht dabei, lediglich die verschiedenen Untersuchungen zu beschreiben, ihre Methode kritisch zu würdigen und die Ergebnisse zu referieren und zu interpretieren. Er liefert auch die Informationen, die zum Verständnis dessen notwendig sind, z.B. in Kapiteln wie „Sammeln, Säen, Singen – wie der Mensch zur Sprache fand“, „Von Liedern und Neuronen“ oder „Singen als Heilverfahren“, in denen geschichtliche, medizinische oder Ergebnisse der Hirnforschung usw. kurz und zugleich gut verständlich dargestellt werden.
Last but not least: Gunter Kreutz hält auch mit eigenen Standpunkten nicht hinter dem Berg. So setzt er sich u.a. kritisch mit Castingshows auseinander, die „Menschen eben nicht einander näher bringen, sondern eher dazu beitragen, die Gesellschaft zu spalten“.
Wer sich näher mit den psychosozialen Wirkungen des gemeinsamen Singens beschäftigen möchte, dem sei das Buch von Gunter Kreutz nachdrücklich empfohlen. Die Lektüre lohnt auch deshalb, weil man in vielem, was man in der Tätigkeit als SängerIn, ChorleiterIn oder LehrerIn selbst erfahren hat, Bestätigung findet und zusätzlich um viel Wissenswertes bereichert wird.
Wolfgang Koperski