© Marlies Kross

Ute Grundmann

Von wegen „ältere Damen mit Brille“

Jörg Trost ist nicht nur Souffleur am Staatstheater Cottbus

Rubrik: Über die Schulter
erschienen in: das Orchester 11/2022 , Seite 18
„Das kann doch Jörg machen.“ Diesen Satz hat er schon unzählige Male gehört, immer hat es ihn weitergebracht. Jetzt ist Jörg Trost Souffleur am Staatstheater Cottbus, hat aber auch schon auf der Bühne des Großen Hauses gestanden. Dabei hatte er nie gedacht, dass er noch einmal in seine Heimatstadt zurückkehren würde.
Sein allererster Auftritt war „gefaked“, wie er selbst sagt. Dem Blasorchester des großen Bruders fehlte der Schlagzeuger, das kann doch Jörg machen. Und so spielte und lief er eben mit, bis er plötzlich im „Stadion der Hunderttausend“ in Leipzig stand, beim Turn- und Sportfest. Auch zur Ballettschule in Cottbus ging er so mit, schaffte nach der Aufnahmeprüfung auch die Ausbildung. So wurde aus dem Elektriker, der mit und an Dieselloks arbeitete, ein Tänzer. Sein erstes Ballett sah er in dieser Schule, in der Oper hat er erstmal nur gestaunt.
Doch dann kam die Faszination hinzu, die Erkenntnis, dass Ausstrahlung, Blicke und das Spiel auf der Tanzbühne mindestens so wichtig waren wie das Körperliche. Gruppentänzer an der Musikalischen Komödie in Leipzig wurde Jörg Trost da. „Irgendwann kamen dann kleine Momente Richtung Schauspiel dazu“, das war im Musical Elixier von Tobias Künzel, dem Frontmann der „Prinzen“, als Jörg Trost „auf der Bühne etwas sagen musste“.
Doch dann machte ein Unfall sein Knie kaputt, er musste sich nicht nur durch die Reha, sondern auch um die Anerkennung als Arbeitsunfall kämpfen. „Mit Tanz und Theater war Feierabend“; da die Oper Leipzig damals noch ein Kombinat war, kam er als Souffleur unter. Später wechselte er ans Schauspiel Leipzig, als dort Sebastian Hartmann Intendant war. Wieder als Souffleur, wieder „musste ich mit auf die Szene“ als Erzengel Gabriel, mit schwarzen Riesenflügeln und einem Satz Text. So sammelte Jörg Trost Stück für Stück Bühnenerfahrung, arbeitete sich in diese ganz eigene Welt ein.
Hatte er früher gedacht: „Soufflieren? Das machen doch ältere Damen mit Brille“, ist nun er es, der in Cottbus die Akteure auf der Bühne vor dem gefürchteten „Hänger“ bewahrt. Ab der ersten ­Konzep­tionsprobe ist er dabei, „ich klappe das Buch auf und los geht’s“. Dabei be- und ­ergreift er den Text nicht über das Lesen, sondern durch Hören; kann ganze Textpassagen, auch aus Filmen, aus dem Stegreif nachsprechen.
„Ich habe großes Glück gehabt“, sagt er, aber auch: „Ich habe meinen Job immer gut gemacht, nie jemand hängen lassen.“ Dazu muss er auch wissen, welcher Protagonist sich nicht so gerne helfen lässt, welche Akteurin dagegen sich gerne mal das gerade fehlende Textstück „reingeben“ lässt. Und dann ist da ja immer noch das Ding mit der Szene. Im coronabedingten Theaterfilm des Staatstheaters Der Wald hat Jörg Trost mitgespielt. Und dann galt es, in Armin Petras‘ Inszenierung der Two Penny Opera den allerletzten Song zu besetzen. Und da hat der Souffleur wieder den Satz gehört – na, Sie wissen schon…
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