Werke von Joseph Guy Marie Ropartz, Sigismond Stojowski, Carl Maria von Weber und anderen

Voice – Jamie Williams

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Heyclassics
erschienen in: das Orchester 04/2014 , Seite 80

Vielleicht möchten Posaunisten so ein Lob gar nicht hören, doch an dieser Stelle muss es einfach gesagt werden: Nie habe ich eine Posaune gehört, deren Klang dem eines Horns näher gekommen wäre als auf dieser CD mit Jamie Williams. Am deutlichsten wird das im Nocturno von Franz Strauss (dem Vater von Richard Strauss), das im Original für Horn komponiert wurde. Williams hat einen so weichen Anstoß, dass seine Legati wie echte Bindungen klingen, die auf der Posaune rein praktisch kaum möglich sind (weil jede Bindung unter Einsatz des Zuges ein Glissando zur Folge hat). Es ist aber auch Jamie Williams’ Klang, der ganz besonders ist: Nie klingt seine Posaune zu hart, nie zu scharf oder eng, sie entfaltet sich, ohne zu schmettern; zugleich vermeidet Williams larmoyantes, süßliches Schwelgen. Ein Ereignis für sich sind seine Spitzentöne, die nicht einfach metallisch klirren, sondern Volumen haben.
Nicht von ungefähr ist Jamie Williams, Jahrgang 1979, seit 2009 Soloposaunist an der Deutschen Oper Berlin. In Florida geboren, lernte der Amerikaner an der Juilliard-School sein musikalisches Handwerk und hatte hervorragende Lehrer. 2003 kam er als Soloposaunist nach Dortmund, anschließend ging er nach Berlin. Wie es scheint, ist Voice seine erste Solo-CD, und zwar eine mit seriösem, anspruchsvollem Programm. Einfühlsam begleitet vom Pianisten Thomas Hoppe hat Williams Werke von Ropartz, Stojowski, Sulek, Guilmant, Martin, Saint-Saëns, Weber und Franz Strauss eingespielt. Eher leger ist dagegen die Aufmachung des englischsprachigen Booklets, das auf Erläuterungen zu den Werken gänzlich verzichtet. Vielleicht hat der Musikinstrumentenbauer Yamaha, für den Jamie Williams als „Yamaha Artist“ auftritt, die CD nicht für den deutschen Markt vorgesehen, was angesichts des Berufsortes von Williams aber doch verwundern würde.
Wie dem auch sei: Es lohnt sich, über die Werke dieser Einspielung zu sprechen, denn zumeist handelt es sich um Originalkompositionen, die ausnahmslos sehr ansprechend sind – sei es das hochvirtuose, spätromantische Stück in b-Moll des französischen Komponisten Joseph Guy Marie Ropartz (1864-1955) oder die Fantasie des Polen Sigismond Stojowski (1870-1946) aus dem Jahr 1905; sei es die bearbeitete Romanze von Carl Maria von Weber oder die große Hindemith-Sonate. Ein Hauch von Tango steckt in der reizvollen Sonate des Kroaten Stjepan Šulek, während Alexandre Guilmants Morceau Symphonique ein herrlicher romantischer Schmachtfetzen ist. Düster und sachlich ist Frank Martins Ballade angelegt, gefällig die tatsächlich originale Ballade op. 144 von Camille Saint-Saëns.
Unter Posaunisten mögen diese Werke alle Klassiker sein, das Originalrepertoire ist ja nicht so groß. Doch trotzdem wären ein paar Worte dazu nicht zu viel verlangt gewesen für eine musikalisch sensationelle CD.
Johannes Killyen

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