Werke von Johann Sebastian Bach, Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar und Johann Gottfried Walther

Virtuosi

Thüringer Bach Collegium

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Audite
erschienen in: das Orchester 1/2022 , Seite 72

Das mittlerweile in Arnstadt, also einer der thüringischen Bach-Städte, beheimatete Thüringer Bach Collegium wurde zwar erst 2018 gegründet, hat aber schon eine Reihe bemerkenswerter Aufnahmen vorgelegt, unter anderem eine mit Konzerten des früh verstorbenen Prinzen Johann Ernst von Sachsen-Weimar, der nicht zuletzt für Bachs Schaffen in Weimar von Bedeutung war. Die nun erschienene neue Einspielung setzt dieses Thema fort und bringt Werke von beiden sowie solche von Bachs Vetter Johann Gottfried Walther.
Virtuosi ist der Titel des in sich sehr schlüssigen und auch in der Abfolge auf der CD wirkungsvollen Programms, das Konzerte des Spätbarocks bringt – und zwar vor allem solche, die durch mehr oder weniger intensive Umarbeitung von bereits vorhandenen Werken entstanden sind, oder die Rekonstruktion der Urfassung von Konzerten, die in einer anderen Form überliefert sind.
So enthält das Programm, das im Oktober 2020 in der Arnstädter Oberkirche aufgenommen wurde, die mögliche Urfassung des Konzerts für drei Cembali von Bach, das wohl ein Konzert für drei Violinen war, sowie das gerne gespielte Konzert für Oboe und Violine von Bach und als populärstes Stück dessen Doppelkonzert für zwei Violinen d-Moll.
Letzteres ist bei der schier unüberschaubaren Konkurrenz auf dem Plattenmarkt natürlich die größte interpretatorische Herausforderung des Projekts. Und hier bewährt sich das Thüringer Bach Collegium unter der Leitung von Gernot Süßmuth. Der Konzertmeister der Staatskapelle Weimar und sein Kollege David Castro-Balbi, der erste der zweiten Geigen im Gewandhausorchester Leipzig, gestalten ihre Partien überaus klangschön und vor allem sehr beredt. Das ist besonders im beliebten Largo ein Konzertieren der erlesensten und betörendsten Art, ein ebenso spielerisches wie geistvolles Mit- und Gegeneinander der Stimmen.
Wie schon bei der Vorgänger-CD begeistert das Thüringer Bach-Collegium durch die Frische und Spritzigkeit seines Vortrags, aber eben immer auch durch die geistige Wachheit und Überlegenheit der Gestaltung.
Neben den drei genannten Werken Bachs erfreut die CD mit dem Konzert zu BWV 983, das wohl ein Violinkonzert und womöglich von Prinz ­Johann Ernst von Sachsen-Weimar war, sowie drei von Jörg Reddin, dem Arnstädter Organisten, exzellent gespielten Orgelwerken: einem Konzert nach Guiseppe Torelli von Johann Gottfried Walter sowie den Konzerten BWV 595 und BWV 592 nach Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar.
Zu den großen Pluspunkten des Albums gehört auch der kenntnisreiche, nicht nur verständlich, sondern geradezu spannend und unterhaltsam geschriebene Text im Booklet des Musikwissenschaftlers und Intendanten des Bachfestes Leipzig Michael Maul. Er erklärt überzeugend die Dramaturgie dieser vorzüglichen Barockeinspielung.
Karl Georg Berg