Werke von Debussy, Fauré und Franck/Delsart

Violoncelle Français

Cheng2 Duo: Bryan Cheng (Violoncello), Silvie Cheng (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Audite 97.698
erschienen in: das Orchester 01/2017 , Seite 72

Wir sind beeindruckt! Von der Reife und Perfektion des Cello-Kla-vier-Duos Cheng2, von der gelungenen Klangabmischung der beiden „unvereinbaren“ Instrumente, von der musikalischen Sensibilität der beiden Musiker und natürlich von der Tatsache, dass es sich – zumal im Fall des Cellisten – noch um Youngsters handelt: Zum Zeitpunkt der Aufnahme (sie entstand im Februar 2016 in Berlin) war Bryan Cheng achtzehn Jahre alt, seine Schwester Silvie Cheng nur wenige Jahre älter. Beide stammen aus Kanada. Bryan wurde bereits in seinem Heimatland mit Preisen deko-riert. Mittlerweile studiert er bei Jens Peter Maintz an der UdK Berlin und besuchte Meisterkurse bei David Geringas und Frans Helmerson. Er spielt ein in allen Lagen grandios klingendes Cello des wenig bekannten Vene-zianers Bartolomeo Tassini. Silvie Cheng studierte in Toronto und New York, wo sie mittlerweile lebt und im Rahmen der Manhattan School of Music auch unterrichtet. 2011 gab das Duo im Kammermusiksaal der Carnegie Hall ein gefeiertes Debütkonzert.
Zugegeben: Auch jugendliche Heißsporne vermögen uns, zumindest vorübergehend, zu beeindrucken. Hier jedoch hören wir ein fein abgewogenes kammermusikalisches Teamwork, das gleichwohl in punkto Dyna-mik und Expression keine Extreme scheut. Über bloßes Draufgängertum scheinen beide Musiker ungeachtet ihres jugendlichen Alters bereits hi-nausgewachsen. Das Duo hat für seine Debüt-CD ein rein französisches Programm zusammengestellt, in dessen inneren Beziehungsreichtum der Booklet-Text von Habakuk Traber klug einführt.
Raritäten – anders gesagt: programmatische Experimente – finden wir auf der CD allerdings nicht. César Francks große A-Dur-Sonate (in der Celloversion von Jules Delsart) wird eingerahmt von den beliebtesten Piècen Gabriel Faurés (Après un rêve, Sicilienne, Élégie) und Camille Saint-Saëns’ (Allegro appassionato, „Der Schwan“). Das geht soweit in Ordnung! Zumal, wenn all diese Stü cke mit so viel Geschmack, sicherem Gespür für Phrasierung und Klangschönheit vorgetragen werden, wie wir es hier erleben. Wir vertrauen darauf, dass Cheng2 sich zu einem späteren Zeitpunkt auch einmal so wunderbarer, lohnender Werke wie der Cellosonaten von Fauré und Saint-Saëns annehmen wird.
Kleine Einschränkungen seien angemerkt im Zusammenhang mit der Sonate von Claude Debussy, die die CD eröffnet: Der große Cellist Paul Tortelier warnte einmal davor, das mit wenigen Strichen hingeworfene Spätwerk als Karikatur misszuverstehen, Debussys Vortragsbezeichnungen zu einzelnen Episoden oder Tönen überzuinterpretieren. Dieser Gefahr sind Bryan und Silvie Cheng nicht immer entgangen. Hier mutet manches gewollt heftig, gewollt grotesk, in jedem Fall „gewollt“ an. Aber auch das geht in Ordnung. Es wäre ja noch schöner, wenn die beiden hochbegabten Youngsters ihre Heißspornigkeit schon gänzlich abgestreift hätten!