Franck, César / Edvard Grieg / Johannse Brahms

Violinsonaten

Markus Wolf (Violine), Julian Riem (Klavier)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Farao Classics B 108085
erschienen in: das Orchester 03/2015 , Seite 80

Was der Geiger Markus Wolf und der Pianist Julian Riem im Duo auf dieser CD gestalten, braucht sich hinter keiner CD mit großen Namen zu verstecken. Allein schon das Konzept der Produktion lässt aufhorchen: Indem die Interpreten darauf abheben, das historische Nebeneinander von Sonatenkonzeptionen unterschiedlicher Provenienz während der späten 1880er Jahre aufzuzeigen, machen sie deren musikalische Differenzen erlebbar. Dazu greifen die Musiker auf drei sehr bekannte Werke zurück, deren Uraufführungsinterpreten oder Widmungsträger einst zu den besten Geigern ihrer Zeit gehörten.
Aufschlussreich ist die Wahl eines Bechstein-Flügels aus der fraglichen Zeit, da seine Verwendung die Musik wesentlich transparenter erscheinen lässt, als sie heute im Konzertsaal zu hören ist. Das gegenüber moderneren Flügeln geringere Volumen, verbunden mit einer gewissen Kompaktheit des Klangs, äußert sich vor allem darin, dass es keinerlei Balanceprobleme zwischen Streich- und Tasteninstrument gibt. Dies hat zur Folge, dass der Geiger – Markus Wolf ist seit 1989 Erster Konzertmeister des Bayerischen Staatsorchesters München – in dichteren Passagen weitaus weniger forciert und mit größerem Hang zu Feinheiten agiert, wobei unterschiedliche Arten des Portamentos und der geschickte Einsatz von Agogik eine zentrale Rolle spielen.
Diese instrumentale Disposition dient als Ausgangspunkt für eine sehr kluge musikalische Gestaltung: César Francks A-Dur-Sonate überrascht etwa durch einen rhapsodischen Zugriff, der sich vor allem auf den Kopfsatz und die „Recitativo-Fantasia“ – Letztere mit einem enorm spannenden Ineinandergreifen der beiden Musiker – erstreckt und die emphatischen Passagen des Finales als Ziel der musikalischen Logik ansteuert. Edvard Griegs c-Moll-Sonate wiederum wirkt erstaunlich frisch, was an der dramatischen Intensität liegt, mit welcher die Interpreten zunächst den Kopfsatz aufladen. Im Mittelsatz tritt Riem dann als Begleiter gegenüber dem deklamierend eingefärbten Gesang seines Partners zurück und lässt sein Spiel durch kunstvoll ausgeführte Arpeggien wie die harmonische Stütze eines Harfenspielers klingen.
Die d-Moll-Sonate op. 108 von Johannes Brahms gehen die Interpreten im Kopfsatz weitaus drängender an, als man dies gewohnt ist. Dies tut dem Stück sehr gut und ermöglicht dem Duo im Gegenzug, freizügigere Verlangsamungen des Tempos einzubauen, die Musik gemäß der Brahms’schen Themengestaltung atmen zu lassen und damit auf die Faktur des Komponierten zu reagieren, wobei die Transparenz der Wiedergabe zudem kont­rapunktische Momente wie die Durchführung unterstreicht. Ihre flexible Gestaltung des zweiten Satzes lagern die Interpreten an den Vortrag der Kantilene an, während das Scherzo vor allem aufgrund der pianistischen Darstellung erstaunlich leichtfüßig und heiter wirkt. Dass Wolf und Riem dem Werk mit ihrer Umsetzung viel von der in anderen Wiedergaben dominierenden bedeutungsschweren Stimmung nehmen, gehört zu den erfrischendsten Zügen dieser rundum gelungenen Aufnahme.
Stefan Drees