Jobst, Max

Violinkonzert op. 19

(1938), hg. v. Thomas Emmerig, Erstausgabe, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Laurentius, Frankfurt am Main 2013
erschienen in: das Orchester 09/2016 , Seite 62

Max Jobst, geboren 1908, studierte katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik. Zusätzlich besuchte er eine Meisterklasse bei Joseph Haas, der selbst Schüler von Max Reger und 1921 einer der Mitbegründer der Donaueschinger Mu­siktage gewesen war. Nach Jahren als Pfarrorganist und Chorleiter in Ismaning und Tirschenreuth trat Jobst 1935 eine Stelle in Regensburg an. 1940 teilte Max Jobst das Schicksal vieler seiner Altersgenossen. Er wurde zur Wehrmacht eingezogen, wo er Anfang 1943 in Stalingrad fiel. Das Werk geriet in Vergessenheit. Sein Lehrer Haas notierte:
„Ich erinnere mich sehr gut an Max Jobst. Seit Reger ist Max Jobst wohl der Musiker im ostbayerischen Raum mit der stärksten musikalischen Substanz. Ein Jammer, dass er in Stalingrad geblieben ist.“
Nach und nach erschienen im Frankfurter Laurentius-Verlag in den vergangenen Jahren die Werke von Max Jobst, darunter ein Streich­quartett, Chormusik und Lieder. Hinter den Editionen steht als Spiritus rector Thomas Emmerig, der zu der vorliegenden kritisch revidierten Erstausgabe ein ausführliches und informatives Vorwort beisteuert. Darin zeichnet Emmerig nicht nur die kriegsbedingte Odyssee der autografen Partituren und des Stimmensatzes nach, er erwähnt auch die wenigen Aufführungen.
Uraufgeführt wurde das Violinkonzert am 9. Mai 1939. Solist war Rudolf Schöne, damals erster Konzertmeister der Münchner Philharmoniker. Das Orchester des Stadttheaters Regensburg leitete der Dirigent Rudolf Kloiber (heute noch bekannt durch seine Repertoire-Handbücher). Die Aufnahme durch den Geiger Conrad von der Goltz von 1965 für den Bayerischen Rundfunk erschien 2010 auf einer Porträt-CD. Es folgten Aufführungen in Stuttgart und 1966 eine – bislang letzte – in Regensburg. Der damalige Rezensent bescheinigte dem Werk trotz der Anklänge an Strauss, Bruckner und Reger eine eigene Handschrift, vor allem nannte er den Solo-Part „meisterhaft“.
Das Violinkonzert op. 38 ist Jobsts einziges groß besetztes konzertantes und sein vielleicht wichtigstes Werk. Das Orchester ist mit zweifachem Holzbläsersatz, je zwei Hörnern, Trompeten und Posaunen, Pauken, Becken und Streichquintett nicht zu üppig besetzt. Das Werk ist einsätzig komponiert, doch schimmert die Dreisätzigkeit der klassischen Konzertform durch, wie überhaupt das konzertante Element in zwei großen Kadenzen und in Dialogen von Violine und Soloinstrumenten des Orchesters zur Geltung kommt. Der Violin-Part ist nicht ohne Anspruch.
An vielen Stellen des Stücks ist die Handschrift eines Komponisten zu erkennen, der kontrapunktische Verfahren nicht nur schematisch anwendet. Die langsame Einleitung des Stückes erinnert an eine Passacaglia, der ruhige Mittelteil wirkt wie ein Choral, es gibt Imitationen, Engführungen. All das ist zuweilen eingebettet in eine schnell fließende Musik mit wiedererkennbarer Thematik und oft auch rhythmisch prägnanten Motiven.
Gernot Wojnarowicz