Wolfgang Amadeus Mozart
Violin Concertos nos. 3–5
Gottfried von der Goltz (Solovioline), Freiburger Barockorchester, Ltg. Kristian Bezuidenhout
Sofern sie sich nicht mit einem Standbein in den Gefilden der zeitgenössischen Musik bewegen und damit auch der Erschließung neu geschaffenen Repertoires widmen, haben Originalklangensembles mit einem nicht zu unterschätzenden Problem zu kämpfen: Weil viele ihrer CD-Produktionen die Neuinterpretation häufig erklingender Werke in den Mittelpunkt stellen und dennoch das Publikum ansprechen sollen, wird die Auseinandersetzung mit bekannter Musik oft mit besonderen Rechtfertigungen verknüpft. Dies gilt auch für die vorliegende Veröffentlichung: Um seine aktuelle Einspielung von Mozarts Violinkonzerten KV 216, 218 und 219 entsprechend interessant zu machen, hat das Freiburger Barockorchester den Slogan vom „Porträt des Künstlers als junger Mann“ zum Leitfaden erhoben und spielt damit auf die biografische Situation an, vor deren Hintergrund der Komponist diese Werke im Jahr 1775 geschrieben hat. Die Grundhaltung der Interpretation ergibt sich durch eine Assoziation, die den jungen Komponisten auf dem Weg zum „Freelancer“ mit der Idee der Unangepasstheit verbindet. Und wie lässt sich dies wohl besser vermitteln, als die Kompositionen möglichst ruppig und „unangepasst“ darzubieten?
Tatsächlich erhebt das Ensemble die Übertreibung zum Stilmittel, ohne dass die musikalische Notwendigkeit der damit einhergehenden Entscheidungen sich restlos erschließt. Dies beginnt bei einer gelegentlich ziemlich groben, knalligen Orchesterbehandlung, die in den raschen Sätzen vor allem auf zackige Rhythmik setzt und einen weitgehend kompakten, von starken Akzentuierungen der Takteins gekennzeichneten Gesamtklang zur Norm erhebt. In Kombination mit der Wahl rascher Tempi resultiert daraus ein auf Dauer etwas ermüdender Duktus, der vor allem die begleitenden Passagen oft allzu beiläufig erscheinen lässt.
Die Gestaltung der Soloparts ist dieser Gesamthaltung angepasst: Gottfried von der Goltz lässt – insbesondere im Kopfsatz von KV 216 – Mozarts Passagenwerk gehetzt erscheinen und nimmt sich recht wenig Zeit zur Gestaltung von Übergängen. Dadurch verlieren nicht zuletzt viele der geschmackvoll angebrachten Verzierungen des Solisten ihre Wirkung und wirken überhastet. Und selbst dort, wo Mozart explizit rhetorische Stilmittel in die Kontexte eingearbeitet hat, bleibt die Umsetzung eher beiläufig.
Etwas störend sind auch die zu langen (nämlich gut ein Viertel der gesamten Satzspielzeit einnehmenden) und zu stark modulierenden Kadenzen, mit denen von der Goltz die Kopfsätze von KV 216 und 218 ausstattet. Ein Blick auf die beiden wesentlich organischeren Kadenzen, die Mozart für das in zeitlicher Nähe zu den Violinkonzerten entstandene Klavierkonzert KV 271 komponierte, zeigt, dass der Komponist solche Momente solistischer Reflexion viel stärker integrativ aus der Gesamterscheinung der Musik heraus gedacht hat, als von der Goltz dies in seinen („unangepassten“) Kadenzen tut.
Stefan Drees