Fhedoroff, Nikolaus /Mikhail Kollontay

Violin Concertos

Elena Denisova (Violine), Collegium Musicum Carinthia, RTV Orchestra Moscow, Ltg. Alexei Kornienko

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Tyxart
erschienen in: das Orchester 10/2017 , Seite 72

Ob es an dem Zusammenspiel von Violinen und Pauken liegt, dass man beim Violinkonzert des Österreichers Nikolaus Fheodoroff (1931-2011) gleich an Beethoven denkt? Oder sind es ein paar Themenfetzen im Vivace, die eine solche Assoziation nahelegen? Das wä­re jedenfalls nicht die schlechteste Reputation: Beethoven, wie er möglicherweise komponieren würde, wä­re er ein Kind des 20./21. Jahrhunderts. Fheodoroffs Konzert, als dessen Widmungsträger sowohl die Solistin Elena Denisova als auch der Dirigent Alexei Kornienko musizieren, ist ein äußerst inspiriertes Werk, aus dem ich besonders den geradezu strahlenden ersten Satz (Allegro/ Allegro moderato) hervorheben möchte. Man fühlt sich hier gleichsam von dem jubelnden Gesang einer aufsteigenden Lerche mitgerissen. Eine Komposition, deren Faszination sich selbst „Moderne-Muffel“ kaum werden entziehen können. Und das, obwohl das Werk nicht im geringsten irgendwelche eklektischen Bezüge aufweist.
Deutlich weniger glücklich bin ich mit dem zweiten hier eingespielten Violinkonzert Blue Ray des russischen Komponisten Mikhail Kollontay (*1952). Man wird den Eindruck nicht los, dass er im Stil der Minimal Music zu schreiben versucht hat, was ihm nur insofern geglückt ist, als seine Komposition im Wortsinn wirklich nur „minimal“ ist: Für mich ist Kollontays Komposition quer durch alle drei nicht bezeichneten Sätze ungeachtet der ihr durchaus zu bescheinigenden Virtuosität einfach nur langweilig.
Da helfen mir auch weder die rätselhafte Namensgebung Blue Ray noch der erläuternde (?) Kommentar im Beiheft weiter. Ein Künstler, der sein Werk erst erklären muss, hat schon verloren. Das gilt für alle Künste! Die Exegesen zeitgenössischer Komponisten zu ihrer eigenen Musik zeichnen sich zudem in aller Regel durch verquastes intellektuelles Gesülze aus, was bei Kollontays Kommentierung leider nicht anders ist. Ich kann (beispielsweise) mit dem Satzkonstrukt „Die stille Welt der Musik lebt sich bedingt in die eindimensionale Realität des Klanges ein“ gar nichts anfangen!
Da wir gerade beim Beiheft sind: Weder Fheodoroff noch Kollontay gehören zu den allerbekanntesten Vertretern ihrer Zunft, so dass man sich in beiden Fällen den Abdruck wenigstens einer kurzen Vita gewünscht hätte.
Zu Elena Denisova muss man kaum noch etwas sagen, zählt sie doch unzweifelhaft zu den aktuellen Geiger-Göttinnen und -Göttern. Auf dieser CD überzeugt die auch in akustischer Hinsicht äußerst charismatische Geigerin durch bewundernswerte Virtuosität, die ihr einen atemberaubenden Parforceritt durch die nicht wenigen Tücken beider Kompositionen ermöglicht.
Die involvierten Orchester Collegium Musicum Carinthia und das RTV Orchester Moskau, beide unter dem Dirigat Alexei Kornienkos, begleiten makellos.
Friedemann Kluge