Wolfgang Amadeus Mozart

Violin Concertos

Isabelle Faust (Violine), Il Giardino Armonico, Ltg. Giovanni Antonini

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Harmonia Mundi HMC 902230.31
erschienen in: das Orchester 03/2017 , Seite 68

Was an dieser Einspielung von Mozarts konzertanten Violinkompositionen sofort auffällt, ist die ansprechende klangliche Realisierung: Sowohl die Balance zwischen Streichern und Bläsern oder dialogisch agierenden Orchesterstimmen als auch die zwischen Orchester und Solistin ist extrem ausgewogen. Keine andere Aufnahme der Werke ist mir bekannt, in welcher der Solopart so differenziert durch die Orchesterinstrumente abgetönt wird wie in diesem Fall.
Ein großes Kompliment gebührt daher Giovanni Antonini und den Mitgliedern von Il Giardino Armonico, die wesentlich zur klangfarbenreichen Darstellung beitragen und dafür sorgen, dass die Solovioline als zwar führender, aber generell zum Orchester gehörender Klangbestandteil wahrnehmbar bleibt – und nicht, wie in der kürzlich veröffentlichten Gesamteinspielung Frank Peter Zimmermanns, zum davon abgehobenen und klanglich isolierten Gegenüber wird. Das bisweilen sehr intime Zusammenfinden von Solo und Kollektiv in filigranem Miteinander, im Orchester unterstützt durch rhythmische Elastizität, pulsierende Begleitungen, artikulatorischen Biss, abgestufte Akzentuierungen der Metrik oder plastisch modellierte Forte-Piano-Wechsel, ist ein großes Verdienst dieser Doppel-CD.
Ein weiteres ist Isabelle Fausts überragender, am kammermusikalischen Klangideal orientierter Zugang zu den Werken: Die Geigerin setzt – vor allem in den beiden Konzerten KV 207 und 211 – auf eine entspannte Wiedergabe, deren Reichtum sich im stark differenzierten Pianobereich und in den vielen Nuancen zwischen klangschön eingesetztem Vibrato und dem völligen Verzicht darauf entfaltet. Der subtilen Virtuosität des Passagenwerks und dessen Verzahnung mit der Begleitung nähert sie sich hingegen auf spielerische Art, nicht ohne immer wieder (wie in den Rahmensätzen von KV 216, 218 und 219) auch die auf dramatische, quasi-theatrale Zwischentöne zielenden Details herauszuarbeiten.
Besonders vielfältig geraten ihr zudem die Kantilenen in den langsamen Sätzen, die sie, unterstützt durch angenehm flüssige Tempi und eine auf übergreifende Bögen gerichtete Phrasierung, mittels rhetorisch geprägter Ausdeutung kleinerer Notenwerte anreichert, wodurch sie eine Fülle an melodischen Facetten aufdeckt. Geschmackvoll und souverän wirken dabei auch immer wieder die Verzierungen, die Faust hier sowie in den raschen Sätzen dem Solopart angedeihen lässt.
Darüber hinaus überrascht die Geigerin in allen Werken durch Kadenzen und Eingänge, die der Pianist Andreas Staier für sie verfasst hat. Staier findet markante und mitunter ungewöhnliche, aber immer schlüssige, dem Geist der Mozart-Zeit entsprechende Lösungen, etwa wenn er in der Kadenz des Kopfsatzes von KV 218 gestrichene und gezupfte Elemente miteinander kombinieren lässt. All diese Momente machen die Produktion zu einem ganz besonderen Ereignis, das sich wohltuend von der Fülle anderer Aufnahmen abhebt.
Stefan Drees

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