Werke von Christian Sinding und Felix Mendelssohn Bartholdy

Violin Concertos

Lea Birringer (Violine), Hofer Symphoniker, Ltg. Hemann Bäumer

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Rubicon
erschienen in: das Orchester 11/2022 , Seite 68

Die vorliegende CD bietet die Begegnung mit einem wenig bekannten Komponisten, dem Norweger Christian Sinding, dessen Violinkonzert Nr. 1 in A-Dur op. 45 hier zusammengespannt ist mit dem e-Moll-Violinkonzert op. 64 von Felix Mendelssohn. 1856 wurde Christian August Sinding in Kongsberg geboren. Er erhielt Unterricht auf verschiedenen Instrumenten, 1879 begann er in Leipzig seinen Kompositionsunterricht bei Carl Reinecke. Noch im gleichen Jahr wurde in Leipzig eine Violinsonate von ihm aufgeführt. Im Jahre 1885 fand in Oslo ein Konzert statt, das ihm in Skandinavien zum Durchbruch verhalf. Sinding hielt sich große Teile seines Lebens in Deutschland auf. Dass er heute weitgehend vergessen ist, mag an seiner Verbindung mit dem Nationalsozialismus während einer Phase seines Lebens liegen.
Solistin der 2022 mit den Hofer Symphonikern unter der Leitung von Herrmann Bäumer aufgenommenen CD ist die 1986 im saarländischen Quierschied geborene Geigerin Lea Birringer. Sie begann im Alter von drei Jahren Geige zu spielen und wurde sechs Jahre später Jungstudentin an der Musikhochschule in Saarbrücken. Von 2001 an studierte sie bei Igor Ozim am Mozarteum in Salzburg, wo sie ihr Bachelor-Studium abschloss. Zudem absolvierte sie ein Gastsemester an der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler bei Stephan Picard. Ihr Masterstudium schloss sie 2012 bei Pavel Vernikov in Wien ab.
Das Thema des Kopfsatzes von Sindings Konzert wird vom Orchester gemäß der Anweisung „energico“ kraftvoll vorgestellt. Die Solistin spielt ihren Part mit edlem Ton und gibt vor allem den im unteren Register liegenden Satzteilen viel Präsenz. Die Doppelgriffe gelingen ihr sehr klangvoll. Den folgenden Andante-Satz beginnen die tieferen Streicher, bevor Birringer die den romantischen Charakter des Werks prägenden Melodien sehr gesanglich gestaltet. Nach einer markanten Steigerung klingt der Satz ruhig aus. Der Finalsatz Allegro giocoso ist mit fast zehn Minuten Dauer der längste und bietet sowohl im Orchester- als auch im Solopart die stärksten Kontraste. Sindings Romance op. 100 wird gleichsam als Zugabe angehängt.
Sanft beginnend, doch schon bald markant dynamisch steigen die Solistin und das Orchester in das weitgeschwungene Melos des ersten Satzes von Mendelssohns Werk ein, die Vorgabe „molto appassionato“ nachhaltig erfüllend. Nahtlos geht es ins Andante über, auch dies ähnlich wie das solistische Kopfsatz-Thema eine Eigenheit dieses Stücks. Die Gegensätze des vollen Orchesterklangs und der heiter-virtuosen Deklamationen der Solovioline ­machen das Finale zu einem Er­lebnis.
Günter Buhles