Sergei Prokofiev / Nikolai Myaskovsky

Violin Concerto No. 2 in G minor op. 63/Masks from Romeo and Juliet op. 64/Symphony No. 25 in D-flat major op. 69

David Nebel (Violine), Bergische Symphoniker, Ltg. Daniel Huppert

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Prospero
erschienen in: das Orchester 02/2023 , Seite 70

Die vorliegende CD vereint zwei Werke, die verhältnismäßig selten aufgeführt werden. Und das hat Gründe: Bei Prokofjews 2. Violinkonzert wird es vor allem an der halsbrecherischen Virtuosität liegen, die dieses Konzert nur in die interpretierenden Hände der Allerbesten gelangen lassen wird. Es überrascht freilich, dass dieses Werk (noch) nicht zu den Geigen-„Schlachtrössern“ à la Brahms, Bruch, Mendelssohn und gewiss auch Berg gehört, mit seiner lyrischen Geschmeidigkeit des Allegro moderato, mit der Eingängigkeit des verträumten Andante. Der durch Castagnettenklänge erweiterte dritte Satz ist trotz einiger melodischer Brechungen einfach ein Ohrenschmaus.
Bei Myaskovsky hingegen liegen die Dinge anders: Er ist wohl ein Opfer seiner Zeit geworden, weil ihm im Westen des Kalten Kriegs das Sowjet-Sein anhaftete, weshalb man zumindest hier seine Kompositionen schlicht ignorierte. Bei ihm kommt allerdings noch hinzu, dass zumindest der Teil seines umfangreichen Œuvres, der ab etwa 1932 entstand und sich zum vorgeschriebenen „Sozialistischen Realismus“ bekannte, in der Tat mehrheitlich sowjetische Massenware ist, kaum dazu geeignet, in der Musikgeschichte Wegmarken zu setzen. Ausgenommen lediglich seine hier eingespielte Sinfonie Nr. 25 op. 69 und auch die Nummer 6 in es-Moll sowie die schlichte 18. Sinfonie in C-Dur.
Die 1946 entstandene, prächtige, in Des-Dur gesetzte 25. Sinfonie mit ihrem Farbenreichtum und ihrer üppigen Klangsprache lässt einen vorsichtigen Abschied vom „sozialistischen Realismus“ erahnen. Das Adagio des ersten Satzes stützt sich auf slawische Folklore-Themen und gebiert dabei gleichsam ein Gefühl großer Friedlichkeit nach den Schrecken des Krieges. Das Moderato des zweiten Satzes kommt gewissermaßen gemessenen Schrittes daher, wohingegen sich das temperamentvolle Finale (Allegro impetuoso – Adagio con elevazione) mit etlichen russischen Themen erneut dem Frieden und der Freude am Leben verpflichtet zu fühlen scheint.
Der heute 26-jährige schweizerische Solist David Nebel wurde einst als Wunderkind gepriesen. Das ist er geblieben. Nicht Kind. Aber Wunder! Auf dem Aufnahmesektor muss Nebel mit seiner Stradivari gegen Persönlichkeiten wie Lisa Batiashvili, Janine Jansen, Maxim Vengerov, Gil Shaham und andere bestehen. Er tut es mit einer Bestnote, die seine einfühlsame Einspielung als eine weitere künftige Referenzaufnahme empfiehlt. Von den Bergischen Symphonikern habe ich bislang noch kaum gehört. Da ist mir etwas entgangen, wie diese CD belegt! Unter dem Dirigat des noch zur jüngeren Dirigentengeneration gehörenden Daniel Huppert zeigen die Bergischen, dass sie auch hohe und höchste Berge wie hier vor allem Prokofjew mit eleganter Bravour bezwingen können. Friedemann Kluge