Korngold, Erich Wolfgang / Britten, Benjamin

Violin Concerto in D major op. 35 / Ciolin Concerto op. 15

Vilde Frang (Violine), hr-Sinfonieorchester, Ltg. James Gaffigan

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Warner Classics / Parlophone 0825646009213
erschienen in: das Orchester 09/2016 , Seite 71

Der Amerikaner James Gaffigan ist einer der Shootingstars unter den jüngeren Dirigenten. Chef des Luzerner Sinfonieorchesters und Erster Gastdirigent des Kölner Gürzenich-Orchesters, kann er mit dem hr-Sinfonieorchester auf einen Klangkörper zurückgreifen, der in vielen Stilen zu Hause ist und dennoch über die genügende Portion Internationalität verfügt.
Bei den Violinkonzerten von Benjamin Britten und Erich Wolfgang Korngold ist ein derartiger Zugriff durchaus sinnvoll, sind sie doch in der alten und neuen Welt gleichermaßen angesiedelt. Brittens Konzert op. 15 wie Korngolds D-Dur-Konzert op. 35, die in den späten 1930er Jahren begonnen wurden und 1940 bzw. 1947 in den USA ihre Uraufführung erlebten, sind beides virtuos-expressive Werke, die ihre Komponisten nicht unbedingt von ihrer repräsentativsten Seite zeigen. Was nicht bedeuten soll, dass die Werke minderwertig oder auch nur mittelmäßig seien.
Korngolds Schaffen leidet aber immer wieder an der „Melodienseligkeit“ seines Schöpfers, dessen Musik mit Expression, aber nicht mit Sentimentalität dargeboten werden sollte. Dies gelingt Gaffigan und der norwegischen Geigerin Vilde Frang ohne Schwierigkeit – die herrlichen Klangfarben werden nicht mit süßer Soße überschüttet, sondern behalten „Knackigkeit“ und Frische.
Brittens Komposition, die manche Kritiker im Vergleich besonders zur Cello Symphony als noch unreif ansehen, ist teilweise frappant durch seinen Amerika-Aufenthalt und seine Begegnung mit der dortigen Musik geprägt und erlebt hier gleichfalls eine geschärfte, musikalisch äußerst überzeugende Wiedergabe. Auffallend ist, wie viel gerade das Britten-Konzert durch diese Art internationalen Zugang gewinnen kann.
Frangs Teamgeist und Feingefühl finden in den Frankfurter Musikern kongeniale Partner, sodass gerade das Gegenüber der beiden Kompositionen von besonderem Reiz ist. Der Farbenreichtum Frangs ist sowohl bei Korngold als auch bei Britten ein besonderer Bonus, der ihre Interpretation weit über jene anderer hinaushebt – gerade durch den gleichberechtigten Orchesterpart, der in perfekter Balance zum Solopart gehalten ist. Aufnahmetechnisch ist die hr-Produktion gerade auch unter Verzicht auf SACDTechnik vorbildlich transparent und weiträumig.
Einziger Wermutstropfen ist die mediokre Übersetzung von Mervyn Cookes brillantem, wenn auch etwas persönlichem Booklettext ins Deutsche. Als überraschend kann allerdings angemerkt werden, dass die Produktion unter dem Warner-Imprint Parlophone veröffentlicht worden ist, einem Imprint, das zuvor in EMI Classics aufgegangen war und vor allem als Label für Rockmusik bekannt ist.
Jürgen Schaarwächter