Knudåge Riisager
Violin Concerto – Etudes
Ian van Rensburg (Violine), Aarhus Symphony Orchestra, Ltg. Andreas Delfs
In Deutschland ist die Musik des dänischen Komponisten Knudåge Riisager (1897-1974) noch kaum bekannt. Das ändert sich vielleicht durch diese neue CD, die zwei seiner wichtigsten Orchesterwerke enthält. Im Mittelpunkt steht seine 1947 entstandene Ballettmusik Etudes nach Klavieretüden von Carl Czerny. Er wollte darin nach eigener Aussage den warmen Humor, das Augenzwinkern und die direkte Ehrlichkeit der Czerny-Etüden herausarbeiten, „so prickelnd wie der Sprudel im Mineralwasser“, wobei er Motive und Ideen aus den Originalen frei verwendete und erweiterte. Er wollte diese musikalische Welt aus einer eigenen Perspektive sehen, sowohl ihre Ruhe und Klarheit respektieren als auch sie in die neuere Zeit transportieren.
Riisager ging mit dem älteren Material also vergleichbar um wie zuvor die Kollegen Maurice Ravel, Ottorino Respighi, Igor Strawinsky und Sergej Prokofjew, zeigt aber eine deutliche persönliche Färbung. Das Ballett von Harald Lander wurde ein internationaler Erfolg und die Partitur somit zu Riisagers meistaufgeführter. Selbstverständlich erklingt auch hier die dritte und endgültige Fassung, die für ein Gastspiel 1952 in Paris entstand: der ursprüngliche Satz „Pas de trois“ wurde durch einen „Pas de deux romantique“ ersetzt, der Schlusssatz „Store spring“ (Große Sprünge) endet auf Wunsch der Franzosen nun nicht mehr mit einem Decrescendo, sondern repräsentativ. Vor die kurzweilige Ballettmusik hat die CD noch das etwas sprödere Konzert für Violine und Orchester op. 54 (1951) gesetzt. Es ist unkonventionell vor allem darin, dass es nur zwei Sätze hat: auf den fast wie improvisiert wirkenden, eher ruhigen ersten Satz folgt ein durchweg lebhafter zweiter in lockerer Sonatenform. Dies ist zugleich Riisagers wohl persönlichstes Werk, denn in seiner Jugend hatte der Komponist selbst Geige gespielt. Es ist gleichfalls meisterhaft instrumentiert.
Das 1935 gegründete Sinfonieorchester von Dänemarks zweitgrößter Stadt Aarhus (das in einem der besten Konzertsäle der Welt beheimatet ist, wo auch diese Aufnahme entstand) wirkt unter der Leitung des deutschen Dirigenten Andreas Delfs durchaus spielfreudig und klangschön, aber nicht immer präzise und pointiert. Man kann hier diese Musik sehr gut kennenlernen – und sich dann als Dirigent oder Orchester inspirieren lassen, es noch besser zu machen. Ein Ereignis ist der Solist Ian van Rensburg, denn der Konzertmeister des Aarhuser Klangkörpers – der in New York bei Dorothy Delay und in Wien bei Gerhard Schulz studierte – verfügt über eben jenes zwingende große Charisma, das hier benötigt wird. Nur wenige Geiger haben eben auch eine Begabung zum Entertainer wie der Widmungsträger Wandy Tworek.
Ingo Hoddick