Robert Schumann - Johannes Brahms
Violin Concerto – Double Concerto
Antje Weithaas (Violine), Maximilian Hornung (Violoncello), NDR Radiophilharmonie, Ltg. Andrew Manze
Die NDR Radiophilharmonie wird seit 2014 von ihrem Chefdirigenten Andrew Manze geleitet. Der Geiger, der sich vor seiner Dirigentenkarriere als Solist Alter Musik einen bedeutenden Namen gemacht hat, bekleidete seit den späten 1980er Jahren den Posten des Konzertmeisters von Ton Koopmans Amsterdam Baroque Orchestra, danach leitete er für einige Jahre das English Concert und seit 2006 war er dem Helsingborg Symphony Orchestra als Chefdirigent verbunden. Die NDR Radiophilharmonie konnte er gleich mit ihrer ersten CD-Produktion (Mendelssohn-Sinfonien) im Jahr 2017 zur Auszeichnung mit dem Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik führen.
Ob sich die jüngste CD-Veröffentlichung mit Schumanns Violinkonzert d-Moll WoO 1 und Brahms’ Doppelkonzert a-Moll op. 102, aufgenommen bereits im März 2017, als ebenso preiswürdig erweist, wird sich zeigen. Antje Weithaas wurde in beiden Werken der Violinsolopart anvertraut, in Brahms’ Doppelkonzert trat noch der Cellist Maximilian Hornung hinzu.
Andrew Manze gelingt es in Brahms’ Doppelkonzert zusammen mit den Solisten überzeugend, eine in gewisser Hinsicht fast schon kammermusikalische Atmosphäre zu schaffen. Dem Orchesterpart konnte er in den Ecksätzen die hier oft gehörte lastende klangliche Schwere weitgehend nehmen, ohne damit in Widerspruch zur musikalischen Gedankenführung zu kommen. Elastisch gehalten, spannungsvoll ausgeleuchtet, hoch differenziert, sehr durchsichtig und in feinsinnig austarierter Balance im Miteinander zu den beiden Solisten, die selbst alles Überzogene meiden, bekommt man dank der weiten emotionalen Ausdrucksbreite, der nuancierten Tongebung und des wachen Dialogisierens der Solisten untereinander wie mit dem Orchester Brahm’ Doppelkonzert in einer sehr ansprechenden Interpretation zu hören. Im Mittelsatz, leicht und transparent aufgefächert im Tonfall, sensibel ausgeleuchtet in der Zeichnung, ist die weiche Verblendung der Soli mit dem Orchester und seinen exquisiten Holzbläsern hervorzuheben.
Ganz so überzeugend fällt die Herangehensweise der Interpreten an Schumanns Violinkonzert d-Moll nicht aus. Im Kopfsatz, dem es ein wenig an Transparenz mangelt, wobei man sich im Orchestersatz auch eine dezenter gehandhabte Gewichtung der Stimmführung gewünscht hätte, kann Weithaas nicht völlig für sich einnehmen. Nicht immer ganz ebenmäßig in der melodischen Ausformulierung nimmt die Solistin zudem zusammen mit dem Orchester den Ton mitunter so weit ins absolute Pianissimo zurück, dass Undeutlichkeit und Verluste des Ausdrucks die Folge sind. Im Mittelsatz, dem bereits ein ergreifendes Moment seelischer Erschütterung eignet, möchte Weithaas der fahlen Melodieführung durch reichliches Vibrato eine kaum angemessene lyrische Überhöhung überstülpen. Der Finalsatz, frei ausschwingend im Violinsolo und akzentreich im Orchestersatz, lässt dagegen keine Wünsche offen.
Thomas Bopp