Werke von William Walton, Max Bruch und Arvo Pärt
Violakonzerte
Nils Mönkemeyer (Viola), Bamberger Symphoniker, Ltg. Markus Poschner
Der Klangcharakter der Viola scheint auf Elegien, Melancholie und Trauer festgelegt zu sein; so dachte man wenigstens lange und dies mag auch einer der Gründe sein, warum das öffentlich gespielte solitische Repertoire für Viola ziemlich überschaubar ist. Diese Festlegung geschah im 19. Jahrhundert. Zuvor war die Viola viel breiter aufgestellt. So ist der Violapart in Mozarts Sinfonie concertante keineswegs nur elegisch. In der Moderne wurden diese romantischen Violaklischees beiseite geschoben. Nils Mönkemeyer zeigt in seinem neuen Album, was dieser Aufbruch zur Moderne für die Viola bedeutet.
Max Bruchs Romanze und auch die Kol Nidrei-Bearbeitung für Bratsche, die noch größtenteils dem Viola-Verständnis des 19. Jahrhunderts verhaftet sind, stellen den Ausgangspunkt dar. Dagegen fordert William Waltons Violakonzert, dessen Uraufführung Paul Hindemith spielte, ein Violaspiel, das Energie, Beweglichkeit, Klarheit, ja auch Härte besitzt und dennoch zu lyrisch weichen, gesanglichen Tönen fähig ist.
Nils Mönkemeyer meistert diese Anforderungen mit Bravour. Sein Spiel ist zu einer Strawinsky gemäßen Klarheit, zu rhythmischer Prägnanz ebenso fähig wie zu einem elegischen Legato. Dabei vergewaltigt er seine Bratsche nicht, will nicht aus ihr eine Violine oder ein Violoncello machen und bringt ihren Klang in vielfältigsten Schattierungen zum Leuchten.
Man hat Walton, wie allgemein englischer Musik des 20. Jahrhunderts, ihren eher rückwärtsgewandten, sozusagen spätromantischen Charakter vorgeworfen, vielleicht, da sie nur schwer in gängige Stilkategorien eingeordnet werden kann. Im geradezu kammermusikalisch fein abgestimmten Spiel zwischen dem Solisten und den Bamberger Symphonikern wird Waltons Musik als ein Werk der Moderne interpretiert, nämlich der englischen Moderne, die Tradition und Neues miteinander verbindet und so ein höchst komplexes Lebensgefühl darstellt, für das die Viola prädestiniert erscheint.
Es gibt eine moderne Musik, die es versteht, ein Publikum auch außerhalb des speziellen Liebhaberkreises der Neuen Musik anzusprechen. Dazu gehört auch Fratres von Alvo Pärt. Diese Komposition ist einerseits von der Statik der Dreiklänge, des Rhythmus der Klanghölzer und Großen Trommel und andererseits vom Spiel der Solo-Viola geprägt, die in Bewegung ausbricht, etwa durch Arpeggi oder durch eine in höchste Höhen hinaufsteigende Melodielinien. Damit hat sich die Rolle der Viola gegenüber der Romantik umgekehrt: Erstaunlicherweise klingt sie hier hell, drückt Freude und Heiterkeit aus, freilich eine weiche, gleichsam transzendente Freude, weit weg von weltlichen Vergnügungen.
Selten eröffnet eine Einspielung neuer Hörhorizonte. Dem Album von Nils Mönkemeyer und den Bamberger Symphonikern unter Markus Poschner gelingt dies, indem es ein selten gespieltes Repertoire in einer neuen Dimension des Violaspiels zu Gehör bringt.
Franzpeter Messmer