Mark Scheibe, Antonio Vivaldi und Moritz Eggert

Villa Vivaldi

Daniel Sepec (Violine), Ensemble Volcania, Ltg. und Blockflöte: Elisabeth Champollion

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Perfect Noise PN 2009
erschienen in: das Orchester 09/2021 , Seite 86

Mitten im Lockdown entstand im Mai 2020 die gelungene CD mit dem außergewöhnlichen Titel Villa Vivaldi des neunköpfigen Ensembles Volcania unter der Leitung der virtuosen Blockflötistin Elisabeth Champollion mit dem profilierten Barockgeiger Daniel Sepec als Gastsolisten.
Titelgebend ist eine Komposition Mark Scheibes (*1968), die für einen schwungvoll-tänzerischen Einstieg unter Bezugnahme auf Vivaldi mit einer Flut aufsteigender, positiv emporschwingender Klänge in teilweise kreisenden Rhythmen steht, in dem die hochvirtuosen Blockflötensoli zwischen Vogelklängen des beginnenden Frühlings und melodischen Passagen changieren und teils vom Ensemble imitiert werden. Instrumentalsoli und rhythmisches Klatschen sorgen für einen Wechsel von meditativer-sinfonischer Stimmung hin zu tänzerischen Einschüben.
Den Mittelteil bilden drei exzellent musizierte Vivaldi-Concerti. Das schwungvolle Allegro des Concerto C-Dur per flautino RV443 zeigt mitreißende Energie und spürbare Spielfreude. Champollions schwebender, fast überirdisch himmlischer Flötenklang, der an die hohe menschliche Sopranstimme erinnert, wird vom zurückgehalten spielenden Ensemble grandios begleitet. Das Largo offenbart die Wandlungsfähigkeit hin zu melancholisch beseelten Flötentönen in fast meditativ träumerischen Klängen, das Allegro molto beschließt im schwungvollen Ensembleklang und der darüber tirilierenden Flöte, im spritzig-bravourösen Spiel.
Im Concerto A-Dur RV343 zeigt Daniel Sepec im energisch vorwärtsflutenden Allegro sein warmes, im Largo sein verträumt-seelenvoll brillantes Geigenspiel und paart im tänzerisch-ekstatischen Allegro geigerische Brillanz mit starker Seelentiefe. Champollion beweist im die Geisterstunde schildernden Concerto g-Moll La Notte RV439 – besonders im Largo, der Ruhe vor der Spukstunde – ihr Können im tiefen Blockflötenspiel mit langen Vibrati. Im düsteren Largo durchdringen sich Soli und Ensemble in langsamem Glühen. Im Allegro greifen die Gespenster in schwungvoller Üppigkeit erneut an, die Flöte jubiliert in melodischen Phrasen.
Den Abschluss bildet das 2018 von Moritz Eggert (*1965) in kreisenden Klängen komponierte Traité des Passions, frei nach Descartes’ Les passions de l’âme, das die Affekte Freude, Trauer, Hass, Liebe, Verlangen und Bewunderung zum Ausdruck bringt. Freude zeigt sich im Dialog zwischen Flöte und Violine in melodischen Steigerungen und starker Rhythmik, Trauer in düsteren, aber intensiver werdenden Tonkombinationen, drängender Hass im Tonhöhenkontrast, Liebe in innig-zarten Lauten, über denen die Flöte aufstrebend schwebt, Verlangen in wechselnden Soli und Bewunderung in hohen Tönen mit einschmeichelnd langsamen Klängen.
Eine absolut empfehlenswerte CD voll hochvirtuosem, beseeltem Spiel in bester Klangqualität, eine absolute Ohrenweide und gelungene Kombination von Barockmusik mit zeitgenössischen Werken.
Claudia Behn