Graap, Lothar

Vier Choralpartiten

für Blechbläser, Spielpartitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr, Köln 2014
erschienen in: das Orchester 03/2015 , Seite 75

Lothar Graap, der Komponist der vier Choralpartiten, von Haus aus Kantor und Organist, schrieb diese hübschen Stücke offensichtlich für Posaunenchöre. Das kann man auch aus seiner Widmung für den Bläserkreis Bochum herauslesen; und ist gleichermaßen in der Art, wie sein Vorwort formuliert ist, zu erkennen. Denn er schreibt nicht nur, wie er sich eine Aufführung im Gottesdienst vorstellt, er gibt auch solche unnötigen Ratschläge wie „die Stimmen […] müssen […] gut erarbeitet werden“. Ja, gilt das nicht für jegliche Musik?
Die vier Choräle sind so ausgesucht, dass sie unabhängig von besonderen kirchlichen Zeiten gespielt werden können. Das macht sie für viele Gelegenheiten brauchbar. Die einzelnen Stücke selbst sind für zwei Trompeten und zwei Posaunen gesetzt, die jeweils in C-Stimmen notiert sind, also in der Art der Posaunenchöre. Bläserisch stellen sie keine besonderen Anforderungen, auch wenn das Vorwort von „durchaus anspruchsvollen Stimmen“ spricht. Die Trompeten gehen, außer in der letzten Partita, fast nie über f” hinaus; die Posaunen müssen wohl beweglich sein, bewegen sich freilich in normaler Lage. Für an Musikschulen gut ausgebildete Jugendliche gibt es da keine besonderen Anforderungen. Das mag in der Laienszene der Posaunenchöre anders sein, doch auch hier sind durchaus fähige Musiker am Werk.
Der Kompositionsstil ist tonal, für den Hörer eingängig und verzichtet fast vollständig auf überraschende Dissonanzen. Taktwechsel gibt es nur im Choral Du meine Seele singe, die übrigen Sätze der jeweiligen Partiten bleiben ihrem Anfangsmodus treu.
Partiten sind ja seit dem frühen Barock bekannt als Musikstücke mit Veränderungen, nicht als Variationen im engeren Sinn. Graap hat da offensichtlich klare Vorstellungen, kennt auch die historischen Zusammenhänge, ohne dabei historisierend zu werden. Trotzdem lassen sich beim gründlichen Lesen Gedanken an den formalen barocken Aufbau nicht vermeiden. Was hier jedoch nicht als Kritik verstanden sein sollte, vielmehr lässt sich darin eine profunde Kenntnis seiner Vorbilder erkennen. Und so ähneln sich die Partiten in ihrem Aufbau recht stark. Meist sechssätzig, zeigen sie in ihrem Ablauf einen Wechsel von ruhigen und lebendigen Stücken. Die Tempoangaben sind keine reinen Tempobezeichnungen, vielmehr Charakterbeschreibungen, wie z.B. „freudig“, „festlich“, „lebhaft“.
Zusammenfassend und in kurzen Worten formuliert, sind es Stücke, die durchaus angenehm zu spielen und zu hören sind, die ausgezeichnet in den gottesdienstlichen Ablauf eingebettet werden können. Und das war sicherlich das ursprüngliche Movens dieser Komposition.
Druck und Layout sind tadellos. Da kein Satz in der Partitur einen Seitenwechsel erfordert, kann man gut aus der Partitur lesen und spielen, was dem Zusammenspiel dienlich ist – zumal wenn das Werk kurzfristig und ohne viel Probenzeit ins Programm genommen werden soll.
Peter Hoefs