Werke von Bach, Händel, Leclair, Vivaldi und Sammartini

Verum Gaudium

Consort Ripieno Concertino

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Geniun
erschienen in: das Orchester 1/2025 , Seite 70

Verum Gaudium (Wahre Freude) ist der Titel dieser CD mit Kammermusik des Barock. Klar, der erste Gedanke bei diesem Motto geht zu Seneca und dem von ihm übernommenen Spruch auf der Orgel im Leipziger Gewandhaus „Res servea verum gaudium“ (Wahre Freude ist eine ernste Sache). Der Verweis auf das Gewandhaus fehlt denn auch im Booklet nicht, wo das Ensemble zum Ausdruck bringt, dass es mit diesem Programm und seinem Spiel den Hörerinnen und Hörern Freude bereiten will. Und das – das sei hier hinzugefügt – auf hohem, ernstem Niveau.
„Verum Gaudium“ ist in der Tat ein passender Spruch für diese Auswahl von Werken für Streicher und Generalbass aus der Zeit um 1700 und der ersten Hälften des 18. Jahrhunderts. Mit Bach, Händel und Vivaldi sind drei berühmte Meister des Barock vertreten, hinzu kommt Musik von Bachs Verwandten Johann Ludwig Bach, dem „Meininger Bach“, von dem einer Bluttat zum Opfer gefallenen Jean-Marie Leclair, der ein genialer Geiger und Komponist war, und solche von Giuseppe Sammartini, der in London unter anderem in Händels Orchester spielte. Neben der bekannten Violinsonate D-Dur HWV 371 und einer Auswahl der Klavierschülern bestens bekannten zweistimmigen Inventionen von Bach in einer Fassung für zwei Violinen – eine frische und lebendige Musik, die zugleich von großem formalen Ernst gesprägt ist – bringt das Programm eines der vielen Cellokonzerte von Vivaldi (RV 407) und als echte Raritäten eine Sonate für zwei Violinen Nr. 5 aus op. 3 von Leclair (ein ernstes und mit angemessenem Ernst gespieltes Werk ganz ohne Generalbass), eine hier von Violinen gespielte Sonate für zwei Altblockflöten und Generalbass von Giuseppe Sammartini und eingangs eine hinreißende Suite G-Dur für Orchester von Johann Ludwig Bach.
Das 2009 gegründete Consort Ripieno Concertino mit Matthias Müller-Zhang und Yan Zhang, Violine, Gül Pluhar, Viola, Mikhail Nemtsov, Violoncello, Christian Junger, Kontrabass, und Matthias Roth, Cembalo und Orgel, macht dem Anspruch aus dem Titel dieser CD durch ein hochkultiviertes Spiel, das viel Wohllaut vermittelt, aber immer auch sehr ausgefeilt im Detail ist, alle Ehre.
Das im wahrsten Sinne Schöne und wahrlich Freudenvolle ist dabei, dass bei diesem Ensemble an die Stelle des heute im Barockspiel beliebten oftmals schier hemmungslosen Furors ein ausgewogenes, in der Wahl der Tempi maßvolles Spiel tritt, bei dem die Klangverhältnisse optimal ausgeglichen sind und die Musikerinnen und Musiker sehr genau aufeinander hören. Diese stammen aus unterschiedlichen Ländern und spielen in renommierten Orchestern oder auf angesehenen Positionen. Auf ihrer CD machen sie Kammermusik im besten Sinne und verbinden Spielfreude mit meisterlicher Vortragskunst.
Karl Georg Berg