Ludwig van Beethoven
Triple Concerto op. 56/Trio op. 11
Anne Gastinel (Violoncello), Nicholas Angelich (Klavier), Gil Shaham (Violine), Andreas Ottensamer (Klarinette), hr-Sinfonieorchester, Ltg. Paavo Järvi
Es ist eine Binsenweisheit, dass das vermeintlich Leichte oft besonders schwer zu realisieren ist. Ein schlagendes Beispiel ist Beethovens Tripelkonzert. An der Oberfläche wirkt es weniger anspruchsvoll und innovativ als die Klavierkonzerte – gar nicht erst zu reden von den Symphonien. Die Tonsprache gibt sich gutgelaunt und unkompliziert, und formal besucht Beethoven ein zur Entstehungszeit des Werks (1804) eigentlich schon abgegrastes Terrain, nämlich das der Sinfonia concertante.
Doch das Werk interpretatorisch zusammenzuhalten, ist aus mehreren Gründen nicht einfach. Da ist zum einen der formale Aufbau, der zwei ausgedehnte Ecksätze ein äußerst knappes Largo umschließen lässt, in dem die Solisten nur wenig Zeit haben, sich auszusingen. Außerdem sind die drei Solopartien von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad: Die Klavierstimme schrieb Beethoven für seinen Schüler Erzherzog Rudolf – weswegen sie technisch nicht allzu anspruchsvoll geraten ist, im Gegensatz zu den Partien für Geige und Cello, die zum Teil recht unbequem in der Hand liegen.
Es benötigt also zur überzeugenden Realisierung des Tripelkonzerts ein perfekt aufeinander eingespieltes Trio. Bei diesem Werk handelt es sich letztlich um Kammermusik auf größerer Ebene. Genau dies ist es, was die drei Musiker in der vorliegenden Einspielung praktizieren. Zwar handelt es sich nicht um eine feste Formation, doch die Cellistin Anne Gastinel und der Pianist Nicholas Angelich haben schon oft zusammengearbeitet, und der Kontakt mit dem Geiger Gil Shaham erwies sich, den im Beiheft geäußerten Worten Gastinels zufolge, schon bei den Proben als äußerst fruchtbar. Und so entstand eine Partnerschaft, die sich als geradezu perfekt erweist. Niemand spielt sich hier in den Vordergrund, schon gar nicht Angelich, dessen Part ohnehin vornehme Zurückhaltung erfordert. Die Balance zwischen den Stimmen kann nur perfekt genannt werden, und hinzu kommt eine spielerische Spontanität, die sicherlich der Live-Situation geschuldet ist; bei der Aufnahme handelt es sich um den Mitschnitt eines Konzerts in der Alten Oper Frankfurt vom März 2015.
Natürlich muss in diesem Zusammenhang auch der vierte kammermusikalische Partner erwähnt werden, nämlich das Orchester. Paavo Järvi steht hier am Pult des hr-Sinfonieorchesters, und es gelingt ihm, durch schlanke Klanggebung, perfekt gesetzte Akzente und ungemein flexible Agogik den Klangkörper als sensiblen Mitspieler der drei Solisten ins Spiel zu bringen, ihn zurückstehen zu lassen, wenn dies angebracht ist, und dennoch nie zur bloßen Hintergrundbegleitung verkümmern zu lassen. Auf diese Weise kommt eine Interpretation zustande, die gleichermaßen spannend und entspannt geraten ist und für die der Begriff Referenz nicht zu hoch gegriffen erscheint.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass auch Beethovens beigegebenes „Gassenhauer“-Trio gleichermaßen überzeugend musiziert ist – mit Andreas Ottensamer an der Klarinette. <
Thomas Schulz