Beethoven, Ludwig van

Tripelkonzert für Klavier, Violine und Violoncello C-Dur op. 56 / Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics 0300331BC
erschienen in: das Orchester 09/2012 , Seite 76

So genannte Solokonzerte, bei denen mehrere Solisten beteiligt sind, bringen ähnliche Schwierigkeiten mit sich wie ein Essen, das von mehreren Köchen zubereitet wird: Was in der Küche häufig den Brei verdirbt und sprichwörtlich geworden ist, blieb in der Musik eine Herausforderung für alle Beteiligten. Bis heute. Aus dem barocken Concerto Grosso geboren und als „Sinfonia concertante“ recht beliebt bei Orchestern, die die nötigen Solisten aus den eigenen Reihen holten, verschwand die Gattung des Konzerts mit mehreren Solisten später wieder aus der Musikgeschichte. Vielleicht nicht ganz ohne Grund. Aber es blieben berühmte Fortsetzungen: Neben Mozarts und Brahms’ Doppelkonzerten ist es vor allem Beethovens Tripelkonzert, das nach wie vor gern gespielt wird.
Beethoven liebte das Klaviertrio. Schließlich hatte er als Opus 1 drei Werke dieser Gattung zusammengefasst und nicht etwa Streichquartette, was eher üblich war. Der Königsgattung zog er die Hausmusikgattung vor. Das Tripelkonzert, als op. 56 veröffentlicht, ist als Reflex darauf zu sehen, und so nimmt es kaum wunder, dass hier das Solistentrio eigentlich ein in sich relativ abgezirkelter Kreis ist, dem das Orchester – außer in der großen Einleitung des Kopfsatzes – mehr oder minder unauffällig sekundiert.
Ob das im Sinne des Erfinders ist, bleibe einmal dahingestellt, aber diesen Eindruck hinterlässt zumindest die Aufnahme des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin unter Kent Nagano, die mit Mari Kodama (Klavier), Kolja Blacher (Violine) und Johannes Moser (Violoncello) ein ausgesucht agiles und musikalisch temperamentvolles Solistengespann präsentiert. Das Orchester hält sich hier auffallend bedeckt und tritt aus dem Schatten der Solisten kaum hervor.
Besonderes Ohrenmerk verdient diese neue CD dennoch: Es gilt der japanischen Pianistin Mari Kodama, die in Düsseldorf und Paris aufwuchs, wo sie auch studierte. Ihre Beethoven-Gesamtaufnahme der Klaviersonaten ist bis auf sieben CDs gediehen. Auch die Klavierkonzerte 1 und 2 liegen bereits vor. In diesem Kontext ist nun neben der Einspielung des Tripelkonzerts auch die Aufnahme des 3. Klavierkonzerts (c-Moll op. 37) zu sehen. Die eindeutigere Führungsrolle scheint der Japanerin zu liegen: Pianistisch tadellos und musikalisch inspiriert zeigen sich hier auch deutlichere Interaktionen mit dem Orchester. So entstehen neben klavieristischer Brillanz auch emotional tiefer gehende Momente, auch solche von dramatischem Zugriff.
Herzstück ihrer Wiedergabe ist das Mozart-nahe Largo in E-Dur, das vom Orchester unter Kent Nagano gediegen lyrisch interpretiert wird, aber durch Mari Kodama entwickelt es wirkliche Poesie. Differenzierte Dynamik und eine artikulatorisch zielgerichtete Formulierungskunst der Pianistin machen den Satz zu einem Kleinod scheinbar musikalischer Schlichtheit, die aber – wie man weiß – nur mit größter Raffinesse und Könnerschaft zu verwirklichen ist. Höchst eindrucksvoll und allemal empfehlenswert.
Matthias Roth