Werke von Tschaikowsky, Glasunow und Rimsky-Korsakow

Trip to Russia

Daniel Müller-Schott (Violoncello), Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Ltg. Aziz Shokhakimov

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Orfeo C 933 181 A
erschienen in: das Orchester 04/2019 , Seite 71

Dass der Cellist Daniel Müller-Schott eine innige Verbindung zur Musik Russlands hegt, kommt nicht von ungefähr: Zum einen gewann er bereits 1992 – mit fünfzehn Jahren – den ersten Preis beim Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb für junge Musiker in Moskau, zum anderen wurde ihm später die Ehre zu­teil, bei Mstislaw Rostropowitsch Privatunterricht zu erhalten, und „Slawa“ machte ihn intensiv mit dem russischen Cello-Repertoire vertraut.
Die Konzerte und Sonaten von Schostakowitsch und Prokofjew hat Müller-Schott bereits eingespielt; fehlten bislang noch Peter Tschaikowskys Rokoko-Variatio­nen. Um dieses Werk herum hat er ein Album konzipiert, das sämtliche Werke für Cello und Orchester des Komponisten enthält – neben den Variationen das Pezzo capriccioso, das Nocturne op. 19 sowie die Cellofassung des beliebten Andante cantabile.
Ein weiteres Thema des Recitals ist die Verbindung Tschaikowskys zu seinem Kollegen Alexander Glasunow. Dieser hat Tschaikowskys Souvenir d’un lieu cher für Orchester bearbeitet, und Müller-Schott kam auf die Idee, einen ursprünglich für Violine konzipierten Solopart für Violoncello umzuschreiben; das Arrangement funktioniert tadellos. Neben einigen kurzen Glasunow-Stücken bildet Nikolai Rimsky-Korsakows kurze Serenade op. 37 das Programm der CD ab.
Über Daniel Müller-Schotts bewunderungswürdige Virtuosität braucht man kein überzähliges Wort zu verlieren; sie zeigt sich hier vor allem in den Rokoko-Variationen, wo er den großen kantablen Ton ebenso beherrscht wie die transparente Artikulation und kleingliedrige Phrasierung, wie sie für die schnelleren, im „klassischen“ Ton gehaltenen Variationen notwendig sind. Und auch in höchster Höhe zeigt sich der Solist absolut treffsicher bei betörender Klangschönheit. Müller-Schott hat sich für die Fitzenhagen-Version entschieden.
Die meisten der kürzeren Stücke präsentieren die Cellostimme als den „kantablen russischen Sänger“, als den Rostropowitsch, nach Müller-Schotts Erinnerungen, das Cello in der Literatur seines Heimatlands stets sah, und auch hier gibt es keinerlei Enttäuschung.
Allerdings sei nicht verschwiegen, dass dieses Programm aus lauter russischen Schmankerln auf die Dauer doch ein wenig einförmig wirkt. Bei 75 Minuten Spieldauer empfiehlt es sich, eine immer wieder andere persönliche Auswahl aus dem Angebot zu treffen.
Höchst kompetent begleitet wird Daniel Müller-Schott vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter der Leitung des jungen usbekischen Dirigenten Aziz Shokhakimov, der in jüngster Zeit viel von sich reden macht – als Gewinner des „Mahler Competition“ in Bamberg (2010, zweiter Preis) sowie des Young Conductors Award bei den Salzburger Festspielen (2016) ebenso wie als Chefdirigent des Nationalen Symphonieorchesters Usbekistan und Kapellmeister an der Deutschen Oper am Rhein. Orchester und Dirigent beschränken sich nicht aufs bloße Begleiten, sondern gestalten aktiv mit, wie es sein sollte.
Thomas Schulz