Brahms, Johannes / Frédéric Duvernoy / Wolfgang Amadeus Mozart

Trio!

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Gebr. Alexander Mainz
erschienen in: das Orchester 12/2010 , Seite 73

Bei den Ansprüchen an die Qualität der Kolleginnen und Kollegen sind die Mitglieder der Berliner Philharmoniker – nach allem, was man hört – kompromisslos. Wer schwächelt, wird mitgezogen und angespornt, bis das Ergebnis wieder stimmt. Teil dieses Orchesters zu sein, das ist eben etwas Besonderes. Umso mehr gilt diese Aussage für Frauen, die es bei den Berlinern natürlich gibt, aber doch nicht in der Zahl, die man aus anderen Ensembles kennt. Der Streit um das Engagement der Klarinettistin Sabine Meyer im Jahr 1983 erschütterte das Elite-Orchester schwer, obwohl damals wohl nicht „Gender-Aspekte“ im Vordergrund standen.
Wie es Sarah Willis am Anfang bei den Philharmonikern ging, ist nicht aktenkundig, die Fakten lassen jedoch so manches ahnen: Als sie 2001 zur berühmten Horngruppe stieß, war sie die erste Blechbläserin der Philharmoniker überhaupt. Nun ist die Amerikanerin von dort längst nicht mehr wegzudenken und hat jetzt – nach mehreren Aufnahmen mit Hornkonzerten von Rosetti und Reicha – eine CD mit Solo-Kammermusik vorgelegt. Sie ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.
Zum einen ist die Aufnahme nicht bei einem gewöhnlichen Label erschienen, sondern wurde von der renommiertesten deutschen Hornmanufaktur, der Firma „Gebrüder Alexander“ in Mainz, herausgegeben. Diese bietet auf ihrer Homepage überhaupt nur zwei CDs an und macht Sarah Willis folglich zu ihrem Aushängeschild – durchaus eine Ehre. Zum anderen ist die musikalische Qualität dieser Produktion exzeptionell.
Dabei setzt Sarah Willis gemeinsam mit der Geigerin Kotowo Machida und der Pianistin Cordelia Höfer auf eine Mischung aus bekannten und ungewöhnlichen Stücken – inklusive einem Standardwerk in neuem Gewand. Zu hören ist natürlich das Horntrio op. 40 von Johannes Brahms, daneben aber auch das erste Horntrio von Frédéric Duvernoy (1765-1838), einem Onkel des wesentlich berühmteren Hornisten Henri Duvernoy.
Die eigentliche Überraschung der CD ist eine Bearbeitung von Mozarts Hornquintett Es-Dur KV 407 (ursprünglich mit Horn und Streichquartett) für Violine, Horn und Klavier. Vielleicht haben sich die Interpretinnen dafür nur aus Mangel an geeignetem Originalrepertoire entschieden, jedenfalls klingt das Ergebnis so, als könne es gar nicht anders sein. Wie überhaupt die klangliche Geschlossenheit des Trios ganz außergewöhnlich ist angesichts der Verschiedenheit der Instrumente.
Die Interpretation des herrlichen Brahms-Trios setzt vor diesem Hintergrund Maßstäbe: In welcher Aufnahme sonst gehen Violine, Horn und Klavier so sensibel aufeinander ein, bieten nicht nur gediegenen Wohlklang, sondern entdecken ganz neue Facetten an diesem Werk – nicht zuletzt die tänzerischen?
Zwei Kuriositäten hält diese CD auch noch bereit: Zum einen weichen die im Booklet angegebenen Spielzeiten mehrfach um Minutenlänge von der tatsächlichen Dauer der Stücke ab. Und dann gibt es ganz am Schluss, gewissermaßen in der „Auslaufrille“ und erst nach zweiminütiger Pause, eine reizend-virtuose Zugabe. Alle Beteiligten scheinen bei der Konzeption der Aufnahme ihren Spaß gehabt zu haben.
Johannes Killyen