Ferdinand Ries

Trio op. 63

for piano, flute and violoncello, hg. von Eric Lamb/ Martin Rummel

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Paladino
erschienen in: das Orchester 03/2021 , Seite 67

Zwei Ausgaben dieses Trios sind derzeit verfügbar, die von Cecil Hill 1984 herausgegebene bei Musi­ca Rara, inzwischen von Breitkopf & Härtel übernommen, und die von Nikolaus Delius 1987 bei Kunzel­mann. Die jetzt bei Paladino in Wien neu erschienene Edition des Trios zeichnet sich durch ein ange­nehm zu lesendes Notenbild und gut realisierbare Wendestellen aus. Erstellt wurde sie nach dem Manu­skript des Komponisten und der englischen Erstausgabe von 1815 bei Clementi in London.
Wie die beiden anderen Ausga­ben enthält sie keinen Kritischen Bericht, eine Entscheidung, die von den Herausgebern im (ausschließ­lich) englischen Vorwort pragma­tisch, aber durchaus nachvollzieh­bar begründet wird: „While trying to stay as close to the original as possible, we have attempted to pro­duce an edition that presents play­ers with less problems than the ori­ginal rather than opening up more questions.“
Komponiert hat Ries das Trio 1815 in Bath, also in seiner Londo­ner Zeit zwischen 1813 und 1824, die wohl die erfolgreichste und glücklichste seines Lebens war. Als Pianist, Komponist und Dirigent stand er in hohem gesellschaftli­chem Ansehen, das ihm zudem er­laubte, die Interessen seines einsti­gen Lehrers Beethoven zu vertreten. Naheliegend übrigens auch, dass er als Besetzung nicht die Violine, sondern die Flöte wählte, ein bei englischen Musikliebhabern damals sehr beliebtes Instrument.
„Trio non difficile“ notiert Ries auf der ersten Seite des Autografs. Dem folgt die zeitgenössische Re­zension im Gentleman’s Magazine vom März 1816, wenn sie es ein „easy trio“ nennt, und noch hinzu­fügt, dass es genau genommen mehr eine „Sonata with accompani­ments, than a Trio“ sei. Flöte und Violoncello verbleiben, das lässt sich leicht verifizieren, in der überkommenen begleitenden Funktion, können aber, ermöglicht durch den sich technisch und figurativ zurück­haltenden Klavierpart, musikalische Impulse über rein begleitende Funktion hinaus geben.
Spieltechnisch ist das Trio bei Weitem nicht so anspruchsvoll wie die übrigen Klaviertrios des Kom­ponisten, aber musikalisch auch nicht so leichtgewichtig, wie man vielleicht annehmen könnte. In der schon zitierten Rezension heißt es diesbezüglich, dass es „too original­ly to be properly called familiar“ sei. Es beginnt mit einem inhaltlich sehr konzentrierten Sonatensatz, dem ein Andantino folgt, ein Inter­mezzo von 24 Takten, dessen ge­sangliches Thema nicht viel mehr als vorgestellt wird, um dann mit ei­ner kleinen Klavierkadenz attacca in ein spielerisch-heiteres Rondo zu führen.
So ist Ries mit diesem Trio – dessen Opuszahl wohl nur zufällig mit der des nur wenig später ent­standenen, aber schon deutlich ro­mantischeren Trios von Weber übereinstimmt – ein zwar noch klassischem Muster folgender Bei­trag zum Klaviertrio „mit Flöte statt Violine“ gelungen. Aber wie die Neuedition dies beweist, ist es of­fensichtlich ein dauerhafter Beitrag für diese mit Literatur nicht beson­ders reich bedachte Besetzung.

Ursula Pešek