Antonín Dvorák, Siegfried Fall und Marek Dyakov > Trio Imàge
Trio Imàge
Was hat das Trio Imàge denn diesmal ausgegraben? Diese Frage stellt sich bei der neuen CD-Veröffentlichung des renommierten Klaviertrios wie von selbst, das mit seinem Debüt und Kagels Gesamtwerk für die Besetzung 2014 gleich einen Echo-Klassik einheimste. Auch CD Nummer 2 des inzwischen international gefragten Ensembles mit der Entdeckung des Brahms-Zeitgenossen Hans Sommer erhielt hohe Anerkennung.
Nun stürzten sich die so experimentierfreudigen wie sensiblen Musiker auf ein Frühwerk eines gewissen Siegfried Fall. Von dem kennt man eigentlich nur den älteren Bruder Leo, das ist der mit der Dollarprinzessin. Manchen sagt auch noch der Name Richard Fall etwas, in Verbindung mit Hollywood: Das ist der jüngste der drei Brüder. Von allen dreien wandte sich Siegfried von Anfang an – und ohne jeden Erfolg – der ernsten Muse zu. Wie sein Bruder Richard wurde auch er als jüdischer Musiker von den Nazis im KZ ermordet.
Siegfried Falls Klaviertrio, das 1899 noch zu Lehrzeiten bei Max Bruch entstand, ist allerdings ein herrliches, durchaus süffiges Stück Musik, das im Grunde all das verbindet, was um diese Zeit en vogue war. In allen drei Sätzen sprüht es vor melodischen und formalen Einfällen, klingt in jedem Takt und bietet allen Musikern reichlich Gelegenheit, sich von schönster Seite zu zeigen. Am Schluss – im vielleicht dann doch etwas langen Rondo – blitzt noch so etwas wie Operettenflitter auf.
Dieser mustergültig und mit viel Verve eingespielten Entdeckung gesellt das Trio Imàge ein Sätzchen bei, das der bulgarische Komponist Marek Dyakov dem Trio zueignete. Perperikoana ist Teil eines vierteiligen Zyklus Legenden, in dem sich gemäßigt avancierter Tonsatz mit bulgarischen Folklore-Melodien zu einem Stimmungsbild des Rhodopen-Gebirges zusammenfinden. Dyakov ist ein Vollblut-Musikant, der auch gern auf Hochzeiten das Akkordeon bedient. Hier zeigt er, was er der klassischen Tonsatzausbildung abgewonnen hat.
In puncto Vollblutmusiker steht Antonín Dvořák Dyakov sicher in nichts nach. Mit seinem Trio op. 65 wählt das Trio Imàge jedoch mit Bedacht keines der populären, schmissigen Werke für die Besetzung aus, sondern eines, das nicht zuletzt wegen seiner Ausdehnung zu den sperrigen Werken des böhmischen Meisters gehört. Der Hörer kann sich entweder beruhigt in den Sessel kuscheln und der Meisterschaft des Trio Imàge vertrauen, oder auf der Stuhlkante all die Feinheiten genießen, die Dvořák als einen der Großen seiner Zeit ausweisen. Ein Genuss ist es so oder so.
Armin Kaumanns