Brahms, Johannes

Trio für Violine, Horn (Viola oder Violoncello) und Klavier op. 40 / Trio für Klarinette (Viola), Violoncello und Klavier op. 114

Urtext, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2012
erschienen in: das Orchester 09/2012 , Seite 73

Zurzeit sind verschiedene Verlage und Institutionen mit dem Erstellen und der Herausgabe von Urtextausgaben zum Werk von Johannes Brahms befasst. Seit Jahrzehnten existieren bereits die Henle-Urtexte, von denen auch das Trio op. 114 vorliegt. In Zusammenarbeit geben seit einiger Zeit Breitkopf & Härtel und Henle die Bände der neuen – historisch-kritischen – Gesamtausgabe der Werke von Brahms heraus, die in der Kieler Forschungsstelle erarbeitet und koordiniert werden. Hinzu kommt die Bärenreiter-Urtext-Reihe (Hg. Christopher Hogwood), die sich als wissenschaftlich-kritische Ausgabe versteht. Inwieweit die einzelnen Urtext-Ausgaben Unterschiede aufweisen, kann nur begrenzt dargestellt werden, da die vergleichbaren Ausgaben zu verschiedenen Zeiten publiziert werden.
Insofern hat der Bärenreiter-Verlag mit dem Trio für Violine, Horn und Klavier op. 40 einen gewissen Vorsprung, da dieses Werk, das Brahms größtenteils im Sommer 1865 niedergeschrieben hat, erstmals im Urtext erscheint und in seinem instruktiven Vorwort von Christopher Hogwood mit einigen neuen Erkenntnissen in Bezug auf die Entstehungshintergründe aufwartet. Brahms hat für den 2. Satz auf ein kleines Klavierstück zurückgegriffen, das er 1853 in einem Freundschaftsbuch des Göttinger Musikdirektors Arnold Wehner eingetragen hatte. Dieses Albumblatt ist im Anhang abgedruckt. Ein weiterer Aspekt ist der Nachweis neuer Volksliedbezüge bei den Volksliedzitaten im 2. und 3. Satz. Informativ sind auch die Hinweise zur Aufführungspraxis, die dem in der historischen Aufführungspraxis verwurzelten Musikologen Hogwood zu verdanken sind.
Der Notentext basiert primär auf der Erstausgabe bei Simrock von 1866. Da Brahms selbst ein genauer Korrektor seiner Druckausgaben war, gibt es keine gravierenden Notationsprobleme. Der kritische Kommentar vermerkt überwiegend Abweichungen im Bereich der dynamischen Zeichen, besonders des Umfangs von Crescendo- bzw. Decrescendo-Gabeln. Einen guten Einblick in den Schaffensprozess geben einige Faksimiles zum Scherzo-Satz.
Dem Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 114 liegt beim Bärenreiter-Urtext im Gegensatz zur älteren Henle-Ausgabe, die das Autograf als Primärquelle benutzt, die Erstausgabe bei Simrock von 1892 zu Grunde. Die bei Stichproben gefundenen Unterschiede beziehen sich im Wesentlichen auf die Positionierung der Dynamikzeichen und die Bindebögen. Hier sind nicht alle Entscheidungen im 3. Satz der Bärenreiter-
Ausgabe nachvollziehbar. Gewissenhaft wurden auch die beigefügten Alternativparts, in op. 40 für Viola und Violoncello und in op. 114 für Viola, untersucht.
Die Bärenreiter-Urtexte der beiden Trios weisen eine Fülle von Anmerkungen im Kritischen Kommentar auf und zeichnen sich durch die umfangreichen, die Entstehung und Rezeption des Werks erhellenden Vorworte des Herausgebers aus.
Heribert Haase