Trio C-Dur op. 87 / Variationen C-Dur WoO 28

Zwei Kammermusikkompositionen Beethovens aus der Zeit vor 1800 präsentiert der Henle-Verlag in zwei Urtextausgaben. Gerade das Trio op. 87 für zwei Oboen und Englisch Horn gehört zum Kammermusikrepertoire eines jeden Oboisten. Hier war eine sorgfältig edierte Urtextausgabe schon lange wünschenswert.
Die Entstehungsgeschichte des Werks wirft noch immer Fragen auf. Die drei Brüder Johann, Franz und Philipp Teimer gehörten im Wien der 1790er Jahre zu den berühmtesten Oboisten ihrer Zeit. Sie machten das Genre Kammermusik mit der Besetzung zwei Oboen und Englisch Horn außerordentlich populär. Für die Komponisten war es sehr „en vogue“, für Konzerte der Brüder Werke zu liefern. Auch Beethoven schrieb sein großes Trio und die Variationen über ein Thema Mozarts vermutlich für die Brüder Teimer. Allerdings ist eine genaue Datierung nicht mehr möglich. Man darf wohl den Zeitraum zwischen 1794 und 1796 annehmen. Das Trio in C-Dur erschien 1806 im Druck. Beethoven schien das Werk allerdings nicht besonders wichtig zu sein, und in den folgenden Jahren scheint er es schlichtweg vergessen zu haben, denn 1822 bot er es ein weiteres Mal mit der Anmerkung „könnte auch auf andere Instrumenten übertragen werden“ zum Druck an. 1822 erschien mit Beethovens Einverständnis neben der Bläserfassung auch eine Bearbeitung für zwei Violinen und Viola, wobei insbesondere die Violastimme naturgemäß von der Stimme des Englisch Horns abweicht.
Das Autograf ist wie so oft bei Beethoven eine unfertige Niederschrift. Allerdings gibt es eine von Beethoven durchgesehene und korrigierte Stichvorlage, in welche die Violastimme zu den drei Bläserstimmen nachträglich hinzugefügt wurde, sodass die Erstausgabe wohl durchaus Beethovens Willen entspricht. Auf dieser Erstausgabe beruhen diese Neuerscheinungen, wobei in gewohnt sorgfältiger Edition jede Abweichung zu den anderen Quellen genauestens im Anhang dokumentiert und erläutert wird.
Die Variationen für zwei Oboen und Englisch Horn über das Thema „La ci darem la mano“ aus Mozarts Don Giovanni sind zu Lebzeiten Beethovens nicht im Druck erschienen. Hier ist die autografe Partitur zwangsläufig die einzige Grundlage für die Edition. Auch hier sind die offensichtlichen Ungenauigkeiten Beethovens korrigiert und im Anhang detailliert aufgelistet.
Die beiden Einzelausgaben fußen auf der neuen Beethoven-Gesamtausgabe (Abteilung VI, Bd. 1). Im informativen Vorwort wird auf den Kritischen Bericht hingewiesen, der außer den für den praktischen Gebrauch wichtigen Lesarten die für die wissenschaftliche Recherche notwendigen weiteren Informationen enthält.
Der großzügige, gut lesbare Druck mit durchdacht eingerichteten Möglichkeiten zum Umblättern macht einen weiteren Pluspunkt dieser Ausgabe aus.
Marie-Theres Justus-Roth