Wolfram Wagner
Trio
für Klarinette, Violoncello und Klavier
Der in Wien tätige Wolfram Wagner, Jahrgang 1962, ist in seiner Heimat ein angesehener Komponist, der u. a. mit einigen Bühnenund Vokalwerken Erfolg hat. Die meisten seiner Werke wurden in Wien uraufgeführt. In seinen Kammermusikwerken hat er schon mehrfach auch die Klarinette bedacht, so in Klaviertrios mit Violine, Kontrabass und Klavier und in weiteren Ensemblestücken. Das vorliegende Trio in der am häufigsten vorkommenden Besetzung mit Klarinette, Violoncello und Klavier hat er 2011 für das Ensemble Tris geschrieben, das 2012 die Uraufführung in London spielte. Das einsätzige Werk mit einer Spieldauer von 15 Minuten beginnt Lento lamentoso recht spannend mit einem zweitaktigen ruhigen Klaviermotiv, das auf einer Tonrepetition in gleichmäßiger Achtelbewegung aufbaut, zu der nacheinander zwei engliegende Nachbartöne hinzutreten. Der entstandene Klang wird zu einem reizvollen Liegeklang. Dieses Motiv wird sequenziert, wiederholt und wächst durch Hinzufügung weiterer Töne zu einem siebentönigen clusterartigen Akkord an. Das Violoncello fügt eine ruhige, sich steigernde Kantilene, die sich aus der Intervallstruktur des Klaviermotivs herleitet, hinzu.
Mit Akkordschlägen bricht die Musik ab und die Klarinette wird mit einer kurzen Kadenz eingeführt. Eine Verarbeitungsphase mit großangelegter Steigerung und Stimmentausch führt zu einem Molto vivace-Abschnitt mit einer stilistischen Wendung: Der Komponist greift zur Tonalität mit Dreiklangsmotivik und traditionellen Spielfiguren in dynamisch schnellen Entwicklungen, die sich wieder beruhigen und zu einem dritten Abschnitt um den Zentralton es führen. Diese disparaten Abschnitte werden mit traditionellen Techniken der Durchführung ausgearbeitet, immer gepaart mit der Tendenz zur unmittelbaren Ausdruckssteigerung durch dynamischen Anstieg und Verstärkung der clusterartigen Klänge. Dieser nahezu unbändige Ausdruckswille ins Große ist ein Kennzeichen dieses Trios, führt aber zu einer insgesamt doch recht plakativen Wirkung, die wenig Spielraum für die Zeichnung des individuellen Charakters der beteiligten Instrumente lässt, deren vielfältige klangliche Nuancen auf der Strecke bleiben. Wenig differenziert sind auch die rhythmischen Abläufe, die fest an ein Metrum gebunden sind. Wolfram Wagner beschreibt auf seiner Homepage sein kompositorisches Credo: „Mein Ziel ist es, hohe emotionale und formale Dichte in Einklang zu bringen. Bisweilen liegen meinen Stücken strenge formale, tonale, metrische, sogar mathematische Konzepte zugrunde, andere Werke oder Sätze sind wiederum sehr frei komponiert. Dabei ist die musikalische Sprache stets bestimmt von Direktheit und Unmittelbarkeit, viele Werke sind von einem erzählenden Duktus getragen.“ Interpretatorisch und spieltechnisch stellt das Trio, bis auf die ungewohnten clusterähnlichen Akkorde im Klavierpart, keine besonderen Anforderungen. Auch die Hörer werden das eher retrospektive Werk mühelos aufnehmen.
Heribert Haase