Trio

Rubrik: Noten
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Carl Maria von Webers letztes Kammermusikwerk, das 1818/19 in Dresden entstandene Trio für Flöte, Violoncello und Klavier g-Moll, reicht zurück bis in seine Prager Jahre (1813-1816), in denen er Musikdirektor am dortigen Ständetheater war. Es wird vermutet, dass in diesem Werk – nicht zuletzt im dritten Satz „Schäfers Klage“ – in verschlüsselter Form sehr persönliche Interna zur Darstellung kommen; Weber hat es vielleicht aus diesem Grunde nie öffentlich vorgetragen. Das Trio ist einem engen Freund Webers gewidmet, dem Prager Arzt und exzellenten Amateur-flötisten Philipp Jungh. Seit dem Jahr 1815 war Weber übrigens auch mit dem bekannten Flötisten, Komponisten und Pädagogen Anton Bernhard Fürstenau freundschaftlich verbunden.
Die vorliegende Edition wurde nach dem Text der Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe herausgegeben von Frank Ziegler. Es handelt sich dabei nicht um eine spielpraktische Einrichtung des Texts, die Lücken oder Ungereimtheiten durch Ergänzung, Normierung und Angleichung beseitigt, sondern vielmehr um eine authentische Textdokumentation, die auf Eigenverantwortung der Musiker setzt und zahlreiche Interpretationsspielräume lässt. Als wichtigste Quelle diente die autografe Reinschrift, ergänzt durch ein verworfenes Fragment und die anderen von Weber autorisierten Quellen (Stichvorlagen inklusive autografer Nachtragungen, Korrekturabzüge, Erstdruck in Stimmen). Zusätze des Herausgebers und
Angaben zu unterschiedlichen Lesarten der Vergleichsquellen sind stets durch eckige oder runde Klammern gekennzeichnet. „Die kreative Auseinandersetzung des Musikers mit dem Notentext soll in diesem Sinne besonders gefordert und gefördert werden.“ (Vorwort) Dabei wurden nicht sämtliche, sondern nur die wichtigsten Abweichungen von der Hauptquelle berücksichtigt. Für Einzelheiten wird auf den Kritischen Bericht der Gesamtausgabe verwiesen.
Das umfangreiche Vorwort enthält neben Informationen zur Entstehungsgeschichte und zu den Quellen und editorischen Richtlinien der Ausgabe detaillierte Hinweise zur Interpretation. Diese beziehen sich insbesondere auf die Besetzung und Notierung des Tasteninstruments sowie auf Dynamik, Artikulation und Phrasierung. Ausführungen zur Aufführungspraxis auf Melodieinstrumenten und speziell auf der Mehrklappenflöte wurden leider nicht integriert.
Das Notenbild ist recht übersichtlich gestaltet; die vielen Klammern und Annotationen sowie die teils ungewöhnlich platzierten bzw. formatierten Vortrags- und Tempobezeichnungen sind jedoch sehr gewöhnungsbedürftig. Bei der Flöten- und Cellostimme wurde auf gute Wendemöglichkeiten geachtet. Alles in allem eine empfehlenswerte Ausgabe für historisch interessierte, selbstständig denkende und urteilende Musiker.
Andrea Welte