Debussy, Claude
Très rythmé. Golliwoggs Cakewalk / The Little Negro
für Kammermusik-Ensemble oder Orchester, bearb. von Barbara Fritsch, Partitur und Stimmen
Debussy schrieb das erste der beiden vorliegenden Klavierstücke im Rahmen der 1908 vollendeten Suite Childrens Corner und widmete diese seiner 1905 geborenen Tochter. Die Schwierigkeiten des Werks überfordern wie in Schumanns Kinderszenen zumeist die Möglichkeiten von Kindern bzw. Jugendlichen. Das zweite hingegen, das er 1909 für eine Klavierschule des Verlags Leduc komponierte, gilt als sein leichtestes Stück für Piano. Beiden ist die Anregung durch einen afrikanisch-amerikanischen Tanz namens Cakewalk gemeinsam, der dem Ragtime nahesteht und ebenfalls um die Wende zum 20. Jahrhundert in Europa bekannt wurde. Vorläufer des Jazz wirkten u.a. auch auf Strawinsky und Hindemith ein. Die beiden Kompositionen von Debussy sind schon bald nach ihrer Entstehung auch als Arrangement vorgestellt worden. Ein Schüler, Freund und Mitarbeiter von Debussy, André Caplet, dirigierte z.B. 1910 in New York eine selbst erstellte Orchesterfassung von Childrens Corner.
Die hier präsentierten Stücke erschienen im Musikverlag Andrea Wiegand in einer Serie von einfachen Bearbeitungen, die der Verlag als Minuten-Hits bezeichnet. Barbara Fritsch hat den Golliwogg von Es- nach G-Dur transponiert, wohl um die vielen Vorzeichen im Mittelteil um das Tristan-Zitat herum zu meiden. Sie hat eine auf mehrfache Weise nutzbare Partitur erstellt, die von einem Streichquartett oder Streichorchester ausgeführt werden kann, aber auch durch zusätzliche Holzbläser und Triangel. Ferner wurde ein Klaviersatz geliefert, der beim Unterstützen und Begleiten helfen soll. The Little Negro verblieb in der von Debussy gewählten Tonart C-Dur und wird für Streichquartett oder vier Holzbläser angeboten.
Der Verlag kommt der Verbreitung des Notenmaterials entgegen, indem er im Vorwort u.a. verkündet: Der Kauf der Gesamtausgabe berechtigt den Erwerber zum Kopieren der gekennzeichneten Einzelstimmen in einer für seine Unterrichts- und Aufführungszwecke erforderlichen Anzahl.
Die vorliegende Bearbeitung der beiden populären Klavierstücke ist geeignet, wenig fortgeschrittenen Spielern einen Eindruck von einem der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts zu vermitteln, der hier Einflüsse des beginnenden Jazz-Zeitalters verarbeitet hat. Vielleicht kann die Arbeit mit dieser Partitur bewirken, dass Spieler und mögliche Zuhörer sich Werke von Meister Debussy in originaler Instrumentation und richtiger Tonart anhören möchten und sich für Einwirkungen von Jazz-Elementen auf andere Komponisten (s.o.) interessieren. Ein geschickter Pädagoge wird sicherlich auch dazu anregen, die Funktion des Tristan-Zitats bei Debussy zu überdenken.
Peter Roggenkamp