Inga Mai Groote/Laurenz Lütteken/Ilona Schmiel (Hg.)
Tonhalle Zürich 1895-2021
Ein gesellschaftlicher, kunst- und kulturgeschichtlicher Abriss in Betrachtung der Entwicklung von Architektur und Klangkonzeption erwartet den Leser in diesem Band zur Entstehung und Renovierung der Tonhalle Zürich. Eng verbunden mit dem Wandel der Art des Kunstgenusses – wie auch mit den sich ändernden Ansprüchen der Rezipienten und der ausführenden Künstler – ist die stete zeitgemäße Entwicklung und Neukonzeption der Aufführungsorte. Verdeutlicht wird das in einem Rückblick auf die musikalische Vorgeschichte der Tonhalle Zürich, die zur Gründung der Tonhalle-Gesellschaft 1868 führte, sowie auf die Formierung des Tonhalle-Orchesters Zürich. Untrennbar ist der Werdegang des Orchesters mit der Geschichte seines Spielorts verknüpft Standorte musikalischen Lebens im Zürich des 18. und 19. Jahrhunderts wie das Casino, der Musiksaal am Kornhaus oder die Alte Tonhalle sind bildhaft belegt dank der Unterstützung des Baugeschichtlichen Archivs der Stadt Zürich, des Stadtarchivs Zürich sowie der ETH-Bibliothek Zürich und der Universitätsbibliothek Basel. Werke, Aufführungsdaten, Namen von Interpreten und Dirigenten sowie Konzertprogramme wurden zur Abbildung in den Konzertdokumentationen der Tonhalle-Gesellschaft gefunden. Zum ausführlichen Bildmaterial haben ebenso die Kantonale Denkmalpflege Zürich, die Architektengemeinschaft Zürich Boesch Diener sowie vom Rijksmuseum und Rijksstudio Amsterdam zur Verfügung gestellte Illustrationen beigetragen.
Allein über 60 Seiten dokumentieren die „Geschichte in Bildern“ – sehr bemerkenswert, was die Herausgeber und Autoren hier zusammengetragen haben. Ausgewogen dargestellt und mit Skizzen unterlegt sind die Abschnitte zum Standortwechsel und zur architektonischen Wandlung der Tonhalle. Interessante bautechnische Ausführungen zu den akustischen Renovierungsarbeiten verdeutlichen den Aufwand. Der große Saal war von Anfang an mit seiner Ästhetik und sinnlichen Akustik hochgeschätzt, bei Publikum und Musikern gleichermaßen. Dieses Klangerlebnis zu erhalten, stellte für die Renovierung hohe Ansprüche an Akustiker und Baukunst. Mit Stolz wird daher im Kapitel „Gelungenes Finale mit Schlussakkord“ resümiert, dass die Parameter für einen hervorragenden Klang erreicht und sogar übertroffen wurden.
Die Zeittafel zur Geschichte der Tonhalle Zürich endet mit der Wiedereröffnung am 15. September 2021 mit dem Tonhalle-Orchester unter der Leitung von Paavo Järvi. Nicht enden wird der immer neue Anspruch auf Hörgenuss in hochentwickelten Konzertsälen, die zukunftsweisend internationalen Vergleichen standhalten.
Akribisch erarbeitet, mit wertvollem Bildmaterial und ausführlichen Beschreibungen ausgestattet, verdient das in Deutsch und Englisch verfasste Zeitdokument, das von Kulturgeschichte, Umbau und Renovierung eines weltweit geschätzten Konzert- und Kongresshaus-Komplexes zeugt, große Beachtung.
Ingrid Ploß