Tonali Collection. Fünf Jahre

"Tonali 10-Grand Prix der Geiger" von Delmar Mavignier / "Ciao Cello" von Hannes Treiber / "Jung + Piano" von Oliver Gieth

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: Tonali
erschienen in: das Orchester 03/2016 , Seite 81

Der Tonali Grand Prix hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem der bedeutendsten Nachwuchswettbewerbe für angehende Solisten der Fächer Violine, Cello und Klavier in Deutschland entwickelt. Einzigartig ist: Hier steht neben dem Leistungsvergleich zwischen musikalisch Hochbegabten auch anderes im Mittelpunkt. Tonali ist ein Versuch, Brücken zu schlagen von klassischer Musik zum Konzertpublikum der Zukunft, ist die Suche nach zeitgemäßen und lebendigen Konzertformaten unter aktiver Einbeziehung beider Seiten, der Interpreten und des Publikums.
Die vorliegenden DVDs dokumentieren die drei ersten Jahrgänge des 2010 von den Cellisten Amadeus Templeton und Boris Matchin ins Leben gerufenen Wettbewerbs. Die drei Filme porträtieren die Wettbewerbsteilnehmer mit ausführlichen Musiksequenzen, aber auch mit dem Blick hinter die Kulissen, zeigen die jungen Musiker in den besonderen Situationen vor und nach dem Auftritt und auch reflektierend über ihre Situation am Beginn des Musikerdaseins. Dabei wird auch das besondere Wettbewerbsklima von Tonali erlebbar. Durch die auf zwölf begrenzte Teilnehmerzahl entsteht eine fast familiäre und verbindliche Atmosphäre, welche die typische Konkurrenzsituation während eines Wettbewerbs manchmal fast in den Hintergrund treten lässt. Ebenso ungewöhnlich ist auch die Zusammenarbeit der Musiker, beispielsweise während der Realisierung einer Komposition für zwölf Pianisten oder beim gemeinsamen Besuch des obligatorischen Musikvermittlungsseminars. Hier geht es für die Teilnehmer darum, die Vermittlung ausgewählter Werke auch verbal zu trainieren, Hintergründe für eigene musikalische Vorlieben artikulieren zu lernen und ein umfassenderes Bewusstsein für das eigene Tun als Musiker zu entwickeln.
Tonali arbeitet mit zwölf Hamburger Partnerschulen zusammen und praktiziert hier eine lebendige und erfolgreiche Musikvermittlung. Jeder der zwölf Teilnehmer hat seine eigene Partnerschule mit potenziellen Fans, die er in Schulkonzerten und Gesprächen für seine Musik begeistern soll. Eindrucksvoll zeigen alle Filme die gute Resonanz an den Schulen, bei einem Publikum, das bisher keine oder nur wenig Berührungspunkte mit klassischer Musik hatte.
Zum Wettbewerb gehören außerdem ein Kompositionswettbewerb und bis zuletzt auch die Interaktion mit dem Publikum. Von einer Schülerjury wird der beste Musikvermittler bestimmt, für die Finalisten gibt es einen per SMS ermittelten Publikumspreis. Am lebendigsten und vielversprechendsten wirkt die Präsentation des Wettbewerbs der Cellisten. Das Repertoire scheint gestreuter, die jungen Musiker wirken sich ihrer Mission im Hier und Jetzt bereits bewusster als die jungen Geiger und Pianisten, bei denen der Anteil gut trainierter, teils noch fremdbestimmter „Wunderkinder“ doch nicht zu übersehen ist.
Der Wettbewerb ist ein wichtiger neuer Akzent in der klassischen Musikwelt, indem er zeigt, dass Meisterschaft und Liebe zur Musik gebunden sein müssen an die aktive Reflexion über die Rolle dieser Musik in unserer Zeit. Man kann ihm für die Zukunft nur viele wache Interessenten wünschen!
Anja Kleinmichel

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