Simon, Holger Simon und Johann Rieger

Tipps + Tricks für Fagottrohre

Einspielen – Einrichtung – Pflege

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: www.georgrieger.com
erschienen in: das Orchester 11/2017 , Seite 54

Carl Almenräder, der Übervater des heutigen Fagotts, schrieb schon in seiner Fagottschule Die Kunst des Fagottblasens aus dem Jahr 1843 über die Bedeutung des Rohrbaus und „Über die Anfertigung der Fagottröhren“: „Der Fagottist, wenn er sich auch durch gründliche und fleißige Studien auf eine bedeutende Kunststufe gebracht hat, ist dennoch manchmal von seinem Fagottrohr sehr abhängig. Er mag im Besitz des vorzüglichsten Instruments, wie des besten, aufgelegtesten Humors sein, bei dem Spiel auf einem schlechten Rohr ist er dessen Sklave.“
Diese folgenschwere Erkenntnis aus dem 19. Jahrhundert hat sich auch bis heute nicht geändert. Deshalb bedeutet diese Neuerscheinung für wissbegierige Rohrbauer eine handliche Gebrauchsanweisung und eine hilfreiche Unterstützung beim Rohrbau. Das perfekte Fagottrohr gibt es leider noch nicht, aber alle Fagottisten träumen davon. Glücksgefühl und Verzweiflung liegen oft sehr nah beisammen. So ist es ein Glücksfall, dass sich zwei absolut erfahrene und qualifizierte Fachleute zusammengefunden haben, um mit Hilfe des kleinen Lehrbuchs durch „Tipps + Tricks“ den doch so komplizierten Rohrbau zu begleiten und damit zu erleichtern.
Der Fagottist Holger Simon, seit 1991 Mitglied des Orchesters der Deutschen Oper Berlin, ist ein erfolgreicher Rohrbauer, verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung und liefert seinen Kunden seit nunmehr 23 Jahren professionelle und hochwertige Fagott- und Kontrafagottrohre. Der Meister Johann Rieger, Leiter der Firma Georg Rieger, einer Werk­statt für hochkarätige Rohrbaumaschinen in Gaggenau, fertigt hierzu die entsprechenden handlichen Werkzeuge mit dem notwendigen Zubehör. Zu dieser Grundausstattung gehören hierbei z.B. Rohrbauzange, Rohrbaudraht, Dorn, Rohrbaumesser, Ausreiber, Schabezunge, Rohrabschneider, Anspitzer, Standmessgerät für Fagotthölzer und Rohrholz etc.
Empfohlen wird „Das Sieben-Tage-Einspielsystem“ mit detaillierten Hinweisen im Umgang mit zu schweren Rohren – „Das Rohr ist zu schwer – was tun“? – mit entsprechenden Feinjustierungen bei der Bearbeitung. Behutsamkeit und Geduld werden hierbei in kleinen Schritten vorausgesetzt. Weitere Probleme werden in der Folge auch angesprochen: „Das Rohr klingt zu hell – was tun“? oder „Das Rohr spricht schlecht an – was tun?“ und „Das Rohr hat an Spannung verloren – was tun?“ Präzise werden hierzu Anweisungen und hilfreiche Anleitungen gegeben. Allgemein Gültiges wird dabei natürlich auch angesprochen: „Der mittlere Bereich, das so genannte Herz des Rohres, ist mit Vorsicht zu behandeln und das richtige Schaben ist dabei eine Gefühls- und Erfahrungssache.“
Witzig und einigermaßen makaber sind in diesem Zusammenhang die letzten Worte des Fagottisten auf dem Sterbebett: „Ich hätte doch das andere Rohr nehmen sollen…“ Allerdings sind nach diesem Leitfaden zum Rohrbau sicher nur noch Glücksgefühle angebracht! Sehr empfehlenswert!
Alfred Rinderspacher