Karl-Heinz Köper

Timpanorama

Solo-Sonate für fünf Pauken und zwei Becken

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr
erschienen in: das Orchester 07-08/2021 , Seite 68

Tramping Trumpets für Orchester, Tuba tabu für Solotuba, Pop Corn Concerto für Horn und sinfonisches Blasorchester – der Komponist Karl-Heinz Köper (1927-2011) hatte eine Vorliebe für Blechblasinstrumente und er liebte eingängige und bildstarke Werktitel. Als einer der wenigen freiberuflichen Komponisten seiner Zeit, die ganz ohne soziale Absicherung durch z.B. eine Lehrinstitution oder ein Theater lebten, wusste er um die Gesetze des Musikmarktes. Aber nicht nur seine Werktitel, auch seine Musik war in aller Regel eingängig. Er kombinierte Leichtes und Bekanntes, schrieb gemäßigt modern, dabei stets an die Hörerwartungen seines Publikums anknüpfend. Und wenn er nicht komponierte, dann arrangierte und bearbeitete er Populäres, z.B. Werke von Donizetti und Rossini.
Neben den Blechblasinstrumenten widmete sich Köper mehrfach einer anderen Instrumentengruppe, die im klassischen Kernrepertoire gleichfalls am Rande steht: dem Schlagzeug und den Pauken. Hier ist Köpers kompositorische Schreibweise hörbar weniger gefällig, die Materialwiderstände des Instrumentariums haben seine musikalischen Ideen hörbar aufgeraut. Paukenglissandi verschmieren die Tonalitäten, geräuschhafte Tremoli wirken abstrakt, schnellste Spielfiguren erzeugen ein Höchstmaß an Energie. Hinter den Klängen und Strukturen stehen bei Köpers Kompositionen für Schlagzeug aber immer Geschichten oder Bilder, in Mytho-Logica für Pauke und Orchester aus dem Jahr 1962 sind es z.B. Porträts mythologischer Figuren der Antike.
In der aktuell im Verlag Dohr erschienen Solokomposition Timpanorama für fünf Pauken und zwei Becken aus dem Jahr 1975 ist die Narration nicht so eindeutig. Der Titel der aus vier Sätzen bestehenden Komposition lässt in seiner Wortzusammenziehung aus Timpani (englisch für Pauke) und Panorama aber durchaus bildhafte Vorstellungen aufkommen.
Im ersten Satz entfalten einzelne Paukentöne eine langsam voranschreitende Melodie, die sich um einen gemäßigten Grundpuls rankt. Das Allegro des 2. Satzes gleicht
einer improvisierten Toccata, der dritte Satz erweitert den stark geräuschhaften Paukenklang um Beckenfarben und rhythmische Akzente. Die Wanderung durch
die Paukenlandschaft kommt mit dem vierten Satz Vivace zum Ende: atemlos und angereichert mit obertonreichen Klängen des Paukenrands, in einem rhythmischen Irgendwo zwischen Carl Orff, Igor Strawinsky und Elliott Carter.
Mit den Eight Pieces for four Timpanies des Letzteren kann Timpanorama kompositorisch zwar nicht mithalten, die Auseinandersetzung mit dem Stück lohnt sich aber dennoch. Für die Interpreten, weil der intensive Einsatz der Stimmpedale gewöhnungsbedürftig und dadurch lehrreich ist, für das Publikum, weil es sein Vergnügen an der reichen Dynamik und den interessanten Strukturen finden wird.
Dank an den Verlag Dohr, der langsam und beständig immer mehr Werke von Karl-Heinz Köper in guten Editionen wieder zugänglich macht.
Stephan Froleyks