Werke von Heitor Villa Lobos, Jean Françaix, Wolfgang Amadeus Mozart und anderen

Through Time

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Solo Musica SM 211
erschienen in: das Orchester 12/2014 , Seite 76

Auch diese Neueinspielung des portugiesischen Fagottisten Rui Lopes stellt unter Beweis, dass das in vergangenen Zeiten so beklagenswert als Clown des Orchesters beurteilte Fagott inzwischen auch als Soloinstrument sehr viel zu sagen hat. Als Beweis dieser positiven Entwicklung dienen immer wieder die zahlreichen Einspielungen, welche die hohe Qualität der künstlerischen und instrumentalen Fortschritte dieses Instruments und seiner Solisten zeigen.
Das Programm dieser CD ist interessant und abwechslungsreich – Kompositionen des Barock, der Klassik, Romantik und der Moderne werden hier als breites musikalisches Spektrum substanzieller Fagottmusik angeboten. Im Zusammenklang mit dem kultiviert und delikat begleitenden English Chamber Orchestra überzeugt der Solist Rui Lopes mit Energie und Inspiration, sowohl bei den anspruchsvollen instrumentalen Passagen als auch bei den empfindungsreichen kantablen Aussagen.
Die Ciranda das sete notas (1933) für Fagott und Streicher des brasilianischen Komponisten Villa-Lobos bezieht sich folkloristisch auf einen Tanz, bei dem auch gesungen wird. Ausgangspunkt der Komposition sind die im Titel genannten „sete notas“ – sieben Noten, die zu Anfang des Stücks in einer aufsteigenden diatonischen Linie und später auch in veränderter gesanglicher, rhythmischer und virtuoser Form dargestellt werden. Das Divertissement für Fagott und Streichquintett von Jean Françaix – hier mit Streichorchester eingespielt – ist ein spielfreudiges, leichtfüßiges, unterhaltsames Stück, gespickt mit rhythmisch-virtuosen Passagen.
Das Fagottkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, sein mit 18 Jahren geschriebenes erstes Bläserkonzert, ist ein Werk, das nicht nur Fagottisten ans Herz gewachsen ist, sondern sich auch bei vielen Musikliebhabern größter Beliebtheit erfreut.
Antonio Vivaldi schrieb 39 Fagottkonzerte in seiner einzigartigen musikalischen Welt dieser Concerti. „Fünfhundertmal das Gleiche“ – diese Behauptung Strawinskys ist natürlich in diesem Zusammenhang für jeden Fagottisten ein Ärgernis. Auch dieses Konzert in C-Dur RV 472 dient als Beweis, wie gekonnt und vielseitig Vivaldi in dieser Komposition mit dem Soloinstrument umzugehen weiß.
Edward Elgars Romanze für Fagott und Orchester op. 62 in d-Moll ist ein kompositorisches Kleinod, das mit nur fünfminütiger Dauer alle gesanglichen und lyrischen Ausdrucksmöglichkeiten entfaltet. Die hier eingespielte Fassung in Form einer Bearbeitung für Fagott und Streicher an Stelle eines farbenreichen und blühenden orchestralen Bläserapparats erscheint allerdings aus klanglicher Sicht zumindest sehr fragwürdig und wenig überzeugend.
Rui Lopes wurde in Santa Maria da Feira in Portugal geboren, studierte bei Hugues Kestemann, bei Sergio Azzolini und bei Marco Postinghel. Er ist als Solist mit bedeutenden Orchestern auch international aufgetreten. Mit dieser Einspielung wird es ihm sicher gelingen, nicht nur die Fagottwelt, sondern auch ein breiteres Publikum von seinen Gaben und Fähigkeiten zu überzeugen.
Alfred Rinderspacher