Watkins, Huw
Three Welsh Songs
for Strings, Studienpartitur
Früher waren es vor allem regierende Fürsten und reiche Adlige, später auch zu Wohlstand gekommene Bürger, die Kompositionsaufträge erteilten. Heute werden solche Aufträge wenngleich wohl in viel geringerem Umfang von staatlichen Institutionen oder auch immer wieder von Ensembles selbst vergeben. Im vorliegenden Fall sogar zu Ehren eines Fürsten.
Die Three Welsh Songs für Streicher bestellte das English Chamber Orchestra beim jungen walisischen Komponisten Huw Watkins aus Anlass des 60. Geburtstags von Prince Charles, dem Fürsten von Wales und Patron des Ensembles, im Jahr 2008. Die Waliser gelten ja von jeher als äußerst sangesfreudige Nation und haben nicht nur eine illustre Anzahl professioneller (Opern-)Sänger hervorgebracht, sondern können mit einer ungemein reichen und von vielen Tausenden Stimmen getragenen Chorkultur aufwarten. Daher lag ein Bezug zur walisischen Sangeskunst für eine solche Widmungskomposition natürlich nahe. Und dennoch erschöpft sich Huw Watkins Werk nun nicht in vordergründiger Folklore oder belässt es bei simplen Volksliedbearbeitungen. Seine Three Welsh Songs präsentieren sich als kleine, aber feine Streicherserenaden in bester britischer Tradition.
Fast ist man geneigt, bereits aus dem klaren und übersichtlichen Notenbild mit seinen gut wahrnehmbaren musikalischen Strukturen den robusten und kernigen Streicherton des weltbekannten English Chamber Orchestras herauszuhören. Huw Watkins setzt die entspannte Virtuosität dieses renommierten Ensembles gleichsam voraus, wenn er in den drei Sätzen (schnell langsam schnell) souverän markante Akzente setzt, gesangliche Linien leuchten lässt und den Streicherklang bisweilen über die fünf obligaten Grundstimmen hinaus auffächert.
Der nicht für ein allzu progressives Kunstverständnis bekannte Widmungsträger wird es sicher mit Wohlwollen aufgenommen haben, dass in den drei Sätzen harmonisch alles fest im tonalen Rahmen bleibt; der Bezug zur walisischen Volksmusik trifft hier kohärent auf den eher traditionell arbeitenden Huw Watkins, der sich als Schüler von Alexander Goehr und Robin Holloway konsequent auf Melodie, Klang und Rhythmus als Gestaltungsmittel fokussiert. Seine große Präsenz im Musikleben als ausführender Künstler, vor allem auch als Klavierbegleiter seines Bruders, des Cellisten Paul Watkins, mag Huw Watkins Sinn für die musikalische Wirkung dabei sicher noch geschärft haben. Seine 2009 uraufgeführten Three Welsh Songs werden deshalb sicher beiden Parteien gleichermaßen Spaß machen: dem Streichorchester, das klanglich aus dem Vollen schöpfen darf, und den Zuhörern, die gleichsam Vertrautes in moderat modernem und dennoch schillerndem Gewand dargeboten bekommen.
Daniel Knödler