Soler, Antonio

Three Sonatas from the Royal Escorial

for Violin and Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: International Music Company, New York 2005
erschienen in: das Orchester 06/2006 , Seite 82

Antonio Soler zählt zu den interessantesten spanischen Komponisten des 18. Jahrhunderts. Der 1729 in Gerona geborene Katalane trat 1752 ins Kloster Escorial ein, wo er 1783 starb. Beim alljährlichen Sommeraufenthalt des spanischen Königs im Escorial lernte Soler die Musiker der Madrider Hofkapelle kennen und studierte bei Domenico Scarlatti. Scarlattis Klaviersonaten waren das Vorbild für Solers 120 Klaviersonaten, die heute allein noch von seinem Werk bekannt sind, darunter vor allem der Fandango. Doch Soler komponierte ebenso geistliche Vokalmusik, Kammermusik und Orgelmusik. Außerdem schrieb er ein viel beachtetes und damals umstrittenes theoretisches Werk, Llave de la modulación, das zeigt, wie man von einer der 24 Dur- und Molltonarten in kurzer Zeit in jede andere wechseln kann. Solers Klaviersonaten sind von einer – für die damalige Zeit – außergewöhnlichen Harmonik gekennzeichnet. Während ihr musikalischer Satz noch dem Barock verpflichtet ist, weisen die Klänge und Tonartenwechsel kühn voraus in die Romantik.
Samuel Marders Bearbeitung von drei Klaviersonaten von Soler für Violine und Klavier will ein „bescheidener Schritt hin zu einer Wiederentdeckung seiner Musik durch eine neue Dimension in der Klangfarbe“ sein. Marder begründet das Wagnis einer Bearbeitung damit, dass Solers Klaviersonaten die Grenzen des Instruments überschreiten. Sein Ziel ist es, die wesentlichen Elemente von Solers Musik zu bewahren, während er sie in das Medium der modernen Violine und des modernen Klaviers übersetzt.
Entstanden ist eine teilweise technisch sehr anspruchsvolle und barocke Virtuosität fordernde Musik. Geigerisch am interessantesten ist die b-Moll-Sonate mit ihren Läufen, Arpeggios und melodischen Abschnitten zum Ausdruck spanischer Leidenschaft. Diese Sonate eignet sich auch gut für den Konzertsaal. Dagegen wird in der E-Dur-Sonate die nichtgeigerische Herkunft deutlich. Die dritte und letzte Sonate in G-Dur ist glücklicher gewählt. Sie beginnt mit einem tänzerischen Thema und erfreut durch ein lebendiges Wechselspiel zwischen Klavier und Violine.
Samuel Marders Bearbeitung ist sinnvoll, da sie der Geige die spanische Musik des 18. Jahrhunderts erschließt. Allerdings ist es bedauerlich, dass Marder und der Verlag nicht durch Notenbeispiele dokumentieren, wie die Bearbeitung den originalen Satz verändert hat, dass auch keinerlei Angaben gemacht werden, was vom Herausgeber verändert bzw. beibehalten wurde. Musiker, die sich ernsthaft – sei es für den Unterricht oder für den Konzertsaal – mit dieser Musik beschäftigen, wollen und müssen darüber informiert werden, was original und was Bearbeitung ist. So kann diese Ausgabe nur halbherzig empfohlen werden. Schade bei einem Komponisten, dessen Wiederentdeckung sich lohnt.
Franzpeter Messmer